… aber zumindest kommt Obama

In den letzten Wochen hat sich in Israel politisch viel ereignet. Wir bekommen eine neue Regierung und zum ersten Mal seit Jahrzehnten wird sich diese ohne Beteiligung der ultraorthodoxen Parteien zusammensetzen. Viele Entwicklungen klingen auf den ersten Blick positiv: Die Prozenthürde für künftige den Knesset-Wahlen soll von 2 auf 4% angehoben, die Anzahl der Ministerposten stark verkleinert werden. All dies kann zu einer effizienten Arbeit künftiger Regierungen beitragen. Insbesondere dem orthodoxen Bildungssystem steht in den kommenden Jahren eine große Reform bevor, sollen in den staatlich orthodoxen Schulen zukünftig auch „weltliche“ Fächer wie Mathematik und Englisch unterrichtet werden müssen. Die hohen Lebenshaltungskosten und die Immobilienpreise waren wichtige Wahlkampfthemen der Zukunftspartei „Yesh Atid“, denen sich deren Vorsitzender, der zukünftige Finanzminister Yair Lapid widmen will. Und die ehemalige Außenministerin Zipi Livni wird als neue Justizministerin zusätzlich für die Wiederbelebung des Friedensprozess verantwortlich sein.

Soweit so gut: Dennoch mag zumindest bei mir keine so wirkliche Freude aufkommen. Denn machen wir uns nichts vor: Wirtschaftlich muss die neue Regierung erst mal das riesige Haushaltsdefizit in den Griff bekommen, so dass Sozialzahlungen gekürzt und die Steuern noch weiter erhöht werden müssen! Den einfachen Menschen wird somit noch weniger Geld in der Tasche bleiben als bisher. Auch wird sich die neue israelische Regierung bezüglich des Umgangs mit den nichtjüdischen Minderheiten in Israel nur wenig von der alten Regierung unterscheiden. Neuer Innenminister wird wahrscheinlich Gideon Saar, der als letzter Erziehungsminister insbesondere dadurch auffiel, israelische Schüler für Reisen nach Hebron zu begeistern. Gleichzeit verbat er  Lehrern in der Schule auch die „Nagba“, d.h. das arabische Narrativ der israelischen Staatsgründung (welche u.a. durch Fluchtbewegungen und auch Vertreibungen von Teilen der arabischen Bevölkerung geprägt war) zumindest theoretisch zu thematisieren. Ich kann mir nur schwerlichst vorstellen, dass Saar als Innenminister auch die Bedürfnisse und Wünsche der arabischen Bevölkerung angemessen berücksichtigen wird! Und dann ist da natürlich auch noch der Siedleraktivist Naftali Bennett, Vorsitzender der Partei „Das jüdische Heim“, welche das Existenzrecht eines palästinensischen Staates strikt ablehnt. Benet wird als künftiger Minister für Handel und Industrie die Siedlungen im Westjordanland weiter unterstützen, ebenso wird Wohnungsbauminister Uri Ariel – auch vom „Jüdischen Heim“ – alles dafür tun, die Siedlungen im Westjordanland weiter wachsen zu lassen.

Bleibt also nichts anderes übrig als an etwas anderes zu denken. Zum Beispiel an Obama. Der kommt Israel nämlich nächste Woche besuchen, und ganz Israel ist schon aufgeregt und gespannt, was der Besuch wohl bringen wird.

Dem israelischen Channel 2 gab Obama gestern ein exklusives Interview. Wen das interessiert, findet das Interview (in englischer Sprache) auf folgender Seite:

http://alturl.com/nam7h

 

 

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