Versuch einer Selbstverortung – Jüdische Studierendenverbände im Nachkriegsdeutschland

Im deutschsprachigen e-Newsletters von Yad Vashem veröffentlich die israelische Holocaust Gedenkstätte viermal im Jahr historische Hintergrundtexte und pädagogisches Material rund um das Thema Holocaust Education. In der aktuellen Ausgabe findet sich auch ein Artikel von mir über die Gründung und Entwicklung der jüdischen Studierendenverbänden im Deutschland der 50er und 60er Jahre.

Wer sich für den Artikel interessiert, kann ihn hier lesen.

Ultraorthodoxe und das Verhältnis von Staat und Religion

Ultraorthodoxe und das Verhältnis von Staat und Religion

Während meiner Führung werde ich häufig gefragt, wie sich das Zusammenleben zwischen religiösen und säkularen Juden in Israel gestaltet.

Gemäß der Unabhängigkeitserklärung von 1948 versteht sich Israel als „jüdischer“ und gleichzeitig „demokratischer“ Staat. Der Begriff „Jüdisch“ wird dabei nicht unbedingt religiös, sondern eher kulturell oder national verstanden. Gesetzlich wird die Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von der Religion im Basic Law: Human Dignity and Liberty garantiert. Weiter gilt in Israel – wie in jeder westlichen Demokratie – die Glaubens- und Kultusfreiheit in dem Sinne, dass jeder die Freiheit besitzt seine Religion in der privaten wie auch in der öffentlichen Sphäre frei auszuüben.

Allerdings stellt sich die Frage, inwiefern Israel als jüdischer Staat gleichzeitig auch ein Staat seiner Bürger sein kann, in dem sich säkulare jüdische, wie auch moslemischen und christlichen Bürger wirklich zu Hause fühlen können. Letztendlich prägen die Religionen den Alltag säkularer Israelis nämlich stärker, als es z.B. das Christentum in Deutschland vermag.

Ein Beispiel für den weitreichenden Einfluss von Religion in Israel ist die Institution des Oberrabbinats, welches den Status eines Staatsorgans einnimmt. Das Rabbinat bestimmt wichtige Bereiche des Familienrechts, so z.B. die Heirat und Scheidung. Entsprechend ist offiziell eine Heirat zwischen Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit nicht möglich. Jüdische Ehen werden von Rabbinern geschlossen, für die christlichen und muslimischen Bewohner des Landes sind deren entsprechende religiöse Autoritäten zuständig.
Auch im Schulsystem ist der Einfluss insb. des orthodoxen Judentums deutlich erkennbar. Neben dem allgemeinen säkularen Schulsystem existiert nämlich noch ein national-religiöses und ein orthodoxes Schulsystem, in welchem religiöse Inhalte und auch tägliche Gebete eine wichtige Rolle spielen. Auf die Lerninhalte des orthodoxen Schulsystems, hat das staatliche israelische Bildungsministerium praktisch keinen Einfluss.
Auch christliche und moslemische Araber lernen meistens in eigenen Schulen.

Etwa 20% der jüdischen Israelis bezeichnen sich als Jüdisch-Orthodox und in der Knesset – dem israelischen Parlament – werden 19 der 120 Sitze von orthodoxen Parlamentariern besetzt. Viele säkulare Israelis fühlen sich von dem immer stärker werdenden Einfluss der Ultra-Orthodoxen bedroht, vor allem in Jerusalem: Dort wurden in der Vergangenheit aus Rücksicht auf die orthodoxe Bevölkerung Werbeposter mit Frauenbildern von Werbetafeln entfernt. Auch gab es öffentliche Konzertfestivals, zu welchen aus Sorge vor Ausschreitungen durch orthodoxe Juden ausschließlich männliche Sänger eingeladen wurden. Das Hören von Frauenstimmen gilt dort nämlich als „nicht züchtig“.
Nicht selten liest man in den Zeitungen über Debatten zur demographischen Entwicklung der nicht-zionistischen orthodoxen Bevölkerung. Angstszenarien wegen einer angeblich zu schnell wachsenden orthodoxen Bevölkerung, bewegen linke Journalisten wie Gideon Levi dazu, die gesamte Diskussion um demographische Entwicklungen als „rassistisch“ abzulehnen.

Im Dezember 2011 dieses Jahres demonstrierten Hunderte von Israelis gegen die Tendenz, „Jerusalem in ein neues Teheran“ zu verwandeln. Auch innerhalb moderat-religiöser Gruppen formierte sich eine Elternbewegung , die sich dagegen wandte, den Gesang von kleinen Mädchen als unzüchtig abzustempeln.

In diesem Kontext entstand auch das Video des israelischen Komikers Meni Malka. Verkleidet als Ultraorthodoxer plädiert er auf die Melodie von Michel Telo „Ai Se Eu Te Pego“ dafür, dass auch achtjährige Mädchen ihre Ellbogen bedecken sollten, weil ihre „unzüchtige“ Kleidung ihn ansonsten beim Lernen der heiligen Schriften ablenken würde. Auch ohne den Text zu verstehen wird durch die Machart des Videos deutlich, dass er das natürlich nicht ernst meint.

Happy Channuka

Happy Channuka

An Channuka feiern Juden in der ganzen Welt die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Zt. Die Makkabäer beendeten die Herrschaft des Seleukidenreiches über Judäa und beseitigten den im jüdischen Tempel von Griechen errichteten Zeus-Altar. Nach der Überlieferung wollten die Makkabäer anschließend das Ewige Licht des Tempels entzünden, doch fanden Sie nur noch ein Krug geweihtes Öl vor, welches nur für einen Tag reichen konnte. Durch ein „Wunder Gottes“ leuchtete das Licht dennoch acht Tage, bis neues „koscheres“ Öl zum Tempel gebracht werden konnte. Aus diesem Grund entzünden Juden während der acht Channukatage den achtarmigen Chanukkaleuchter und essen in Öl gebackene Speisen wie Krapfen (hebr. Sufganiyyot) oder Latkes (Kartoffelpuffer).

Zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik entwickelte sich in deutsch-jüdischen Familien außerdem die Tradition, sich einen Tannenbaum zu Hause aufzustellen. Diese Adoption des Christbaumes findet sich heute noch in jüdischen Familien in den USA wie auch bei Familien aus der ehem. Sowjetunion.

In den folgenden beiden Filmen geben die beiden amerikanischen Gangster Luis and Jacquann in witziger Weise „Kochtipps“ zum Braten der Latkes und Schmücken des „Channukabusches“.

http://www.youtube.com/watch?v=JUzo3uQ00OM&w=560&h=315

http://www.youtube.com/watch?v=RiIxKMOxipA&w=560&h=315

Wem das Anzünden des Channukaleuchters auf Dauer anstrengend erscheint, kann sich die Channukia-entzünd-Maschine besorgen, die kürzlich von der israelischen technischen Hochschule „Technion“ in Haifa entwickelt wurde.

Und abschließend noch ein wunderbare Jazz Ballade von Michelle Citrin, mein persönlicher Favorit der Channuka-Videos dieses Jahr.

Schwarzer Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Kürzlich fuhr ich mit dem von Tel Aviv nach Jerusalem und sah auf der Hinterseite des Sammeltaxis eine Werbung, die von der Aufmachung auch aus der Hippie-Zeit der 70er Jahre stammen könnte. Blumen, eine kleines Herzchen und ein Peace-Zeichen schmücken einen Lila Schriftzug, der es jedoch in sich hatte:  Übersetzt stand da in etwa: Eines Tages wird uns der Iran angreifen… aber bis dahin genießen wir das Leben in der „Interkom-Bar“ + Adresse etc.

Werbung der Interkom-Bar

Auch eine Schokoladenbrotaufstrich-Firma karikierte in einem Fernsehspot kürzlich einen möglichen Krieg zwischen Israel und dem Iran, um ihr Produkt an die Leute zu bringen.

http://www.youtube.com/watch?v=g2HtjLGzrT8&w=560&h=315

Dieser humorvolle Umgang mit realen Bedrohungsszenarien haben in Israel eine lange Tradition. Das beste Beispiel hierfür ist die israelischen Comedy Show „Eretz Nehederet“, die selbst die kürzlichen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas mit viel Ironie, aber auch sehr kritisch, begleitete.

Da die Sendung leider nicht mit englischen Untertitel zu finden ist, anbei eine kurze Zusammenfassung:

Am Anfang kündigt der „Nachrichtensprecher“ an, dass es heute etwas im TV zu sehen gibt, dass es schon laaaange – nämlich seit gestern Abend – nicht mehr zu sehen gab. Eine Sondersendung zur Operation „Wolkensäule“. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak wird interviewt und lispelt, dass eine Militäroperation vor den Parlamentswahlen eine lange Tradition habe und der israelische Militärsprecher – ausgestattet mit zwei großen Zahnlücken – kündigt der Hamas an, dass der Beschuss israelischer Städte „schwerliegende Folgen“ mit sich bringen würde. Er spricht dabei tiefsten Straßenslang und klingt vom Vokabular her eher wie ein Marktschreier auf dem Gemüsemarkt von Jerusalem als wie ein verantwortungsvoller Militär. Verschiedene Politiker kommentieren das Geschehen mehr oder weniger idiotisch und prügeln sich und auch der israelische Ministerpräsident freut sich in einer Rede darüber, dass der Krieg die Opposition bei den nächsten Wahlen schwächen wird. Die Schlussszene der Sendung karikiert schließlich das Verhalten der Zivilbevölkerung beim Raketenalarm in Tel Aviv.

Zum Film von Eretz Nehederet

Dieser schwarze Humor ist kein Zeichen dafür, dass die Menschen solche Bedrohungen nicht ernst nehmen würden. Im Gegenteil! Dennoch bietet schwarzer Humor ein Ventil, gerade bei angstinduzierenden Themen Frustration abzubauen und auf ein gutes Ende zu hoffen.

Privater Landausflug von Haifa oder Ashdod

Kreuzfahrttouristen sind eine ganz besondere Sorte von Menschen. Nicht jeder kann damit umgehen, jeden Tag in einem anderen Land aufzuwachen und den unterschiedlichsten Eindrücken und Erfahrungen ausgesetzt zu sein. Ein Besuch in Israel mit der Altstadt Jerusalems oder den christlichen Stätten rund um den See Genezareth ist für viele Besucher der Höhepunkt einer Kreuzfahrt durch das östliche Mittelmeer.

Doch leider ähneln viele der angebotenen Landausflüge großer Kreuzfahrtschiffe eher einer „Kaffeefahrt“ und geben den Besuchern wenig Zeit, die historisch und religiös so tiefgründigen Orte in Ruhe kennen zu lernen. In den vollgepackten Bussen ist es den Reiseleitern oft kaum möglich, sich auf die Interessen der einzelnen Touristen einzustellen.

Seit einiger Zeit biete ich deshalb private Tagesausflüge für Kreuzfahrttouristen an und habe in den letzten Tagen diesbezüglich auch meine Homepage überarbeitet.

Auf folgender Seite findet ihr eine Liste neuer Angebote, die ich Kreuzfahrttouristen in Form von privaten „Landausflügen“ anbiete. Über Feedback jeglicher Art (gerne auch in Form einer privaten Mail) würde ich mich freuen!

PS: Als Antwort für die zahlreichen Mails, die in den letzten Wochen erhalten habe: Ja, ja, ich weiß, der „reiseleiter-israel“- Blog ist in letzter Zeit etwas eingeschlafen 🙂 . Oktober und November war touristische Hauptsaison und es gab sehr viel zu tun. Doch nun, Ende November, komme ich endlich mal wieder zum Schreiben und werde – versprochen – auch wieder “bloggen”. Es ist ja auch einiges passiert hier in den letzten Wochen…

Wettbewerb „Vorurteil und Wirklichkeit: Wie ist der Staat Israel entstanden?“

Wettbewerb „Vorurteil und Wirklichkeit: Wie ist der Staat Israel entstanden?“

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Stuttgart und Mittlerer Neckar möchte Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg ermutigen, sich kritisch mit Vorurteilen gegenüber Israel auseinanderzusetzen. Dazu veranstaltet sie einen Schülerwettbewerb.
Schülerinnen und Schüler sind eingeladen, sich mit dem Thema „Vorurteil und Wirklichkeit: Wie ist der Staat Israel entstanden?“ zu beschäftigen. Sie können darüber einen Aufsatz schreiben, ein Video drehen, einen Song komponieren oder anders kreativ werden. Nicht nur individuelle, sondern auch gemeinsame Beiträge von Schülergruppen und Klassen werden angenommen. Ausdrücklich erwünscht ist, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Schülerinnen und Schüler bei einer Teilnahme unterstützen. Der oder die Gewinner erhalten ein Preisgeld von 300 Euro.
Zusätzlich zum Wettbewerb plant die DIG Stuttgart und Mittlerer Neckar gemeinsam mit der israelischen Botschaft im Februar Informationsveranstaltungen zur Gründung Israels an ausgewählten Schulen. Interessierte Schulen können sich per E-Mail bewerben:
baerbel.illi@t-online.de.

Weitere Informationen zum Wettbewerb finden Sie unter:
www.dig-stuttgart.net/?page_id=935
Einsendeschluss: 31. März 2013

Das Blog des ARD-Studios Tel Aviv

Das Blog des ARD-Studios Tel Aviv

Screenshot ardblog
Screenshot ardblog

Seit fast einem Jahr „bloggen“ die vier Korrespondenten aus dem ARD-Studio Tel Aviv täglich „von ihren persönlichen und politischen Alltags-Erlebnissen“ in Israel und Palästina. Die Idee ist, dem deutschen Zuschauer neben den immer wiederkehrenden politischen Analysen auch das Alltagsleben in Israel/ Palästina näher zu bringen.  Die vier Berichte über den besten Humus der Region gehen zwar vollkommen an der Realität vorbei (wer nun wirklich den besten Humus in Israel kennenlernen möchte, der sollte bei mir eine Tour buchen!), aber dafür erfährt man, wie israelische Künstler die Bäume auf dem Rothschildboulevard auf den milden Winter vorbereiten (mit heute immerhin +24 Crad in Tel Aviv) und wo es die beste Graffiti-Kunst in Tel Aviv zu entdecken gibt.

Die meisten Beiträge beschäftigen sich aber doch mit der aktuellen politischen Situation: Weit besser als die Videoblog-Beiträge, die über eine gewisse Oberflächlichkeit letztendlich nicht herauskommen, gefallen mir in letzter Zeit die geschriebenen Artikel von Richard Chaim Schneider, seit 2006 Leiter des ARD-Studios. Schneider gelingt es dabei, nicht nur die Beweggründe und Entscheidungen israelischer Politik verständlich zu machen und gleichzeitig kritisch zu hinterfragen. In seinen Analysen diskutiert er gerne auch den deutschen und europäischen Blick auf die Region und macht deutlich, dass auch deren Perspektive nicht „objektiv“, sondern Resultat europäischer Erfahrungen ist, die man aber nicht so einfach auf den Nahen Osten übertragen sollte. So auch in dem lesenswerten aktuellen Beitrag über Israels Reaktion auf das UN-Votum letzte Woche, Palästina den Status als Beobachterstaat („Non-member-state“) zuzuerkennen.