Das Herz der Grabeskirche: Wie alt ist die Ädikula wirklich?

Das Herz der Grabeskirche: Wie alt ist die Ädikula wirklich?

Die Kirche der Auferstehung, besser bekannt als die Kirche des Heiligen Grabes, steht im Herzen Jerusalems und gilt als eines der wichtigsten christlichen Wahrzeichen weltweit. In ihrem Inneren birgt sie die Heilige Ädikula – eine tempelähnliche Struktur, die laut Überlieferung das Grab Jesu Christi beherbergt. Doch wie viel vom ursprünglichen Grab ist heute noch zu erkennen?

Wie viele historische Stätten in Jerusalem hat die Grabeskirche eine bewegte Geschichte hinter sich. Einst stand an dieser Stelle eine in den Fels gehauene Grabeshöhle inmitten eines antiken Steinbruchs. Kaiser Hadrian ließ diesen Ort im 2. Jahrhundert n. Chr. überbauen, um dort einen Tempel für Aphrodite zu errichten. Jedoch ließ im 4. Jahrhundert Kaiser Konstantin bzw. seine Mutter Helena diese Überbauung räumen und an ihrer Stelle die erste Grabeskirche inklusive einer Ädikula erbauen. Zahlreiche historische Ereignisse, darunter die Zerstörung durch die Perser 614 n. Chr., die Vernichtung durch den Kalifen Hakem bi-Amr-Illah 1009 n. Chr. und ein Brand im Jahr 1808, haben die Gestalt sowohl der Grabeskirche als auch der Ädikula maßgeblich beeinflusst.

Dank der archäologischen Forschungen der Nationalen Technischen Universität Athen zwischen 2015 und 2017 können wir heute ein tieferes Verständnis für die Geschichte der Ädikula gewinnen. Hierbei kam erstmals die Methode der optisch stimulierten Lumineszenz (OSL) zum Einsatz, die es ermöglicht, das Alter von Sedimenten anhand ihrer letzten Erwärmung oder Sonneneinstrahlung zu bestimmen.

Ein spannender Fund während dieser Untersuchungen war dabei ein graues Marmorstück, das unter der heute sichtbaren bernsteinfarbenen Marmorplatte im Grab entdeckt wurde. Mittels OSL datierten die Forscher dieses Stück auf das 4. Jahrhundert n. Chr. Dies lässt vermuten, dass das Grab, in welchem Jesus Christus gelegen haben soll, bereits zu Zeiten Konstantins mit Marmor verkleidet war.

Die Existenz dieser zweiten Marmorplatte war bis dato lediglich eine Hypothese, gestützt auf Beschreibungen von Boniface of Ragusa aus dem Jahr 1570 und Maximos Simaios von 1809. Beide Quellen berichten von mehreren Marmorplatten; Simaios erwähnte dabei spezifisch zwei horizontale und zwei vertikale Platten.

Die genaue Entwicklungsgeschichte des Inneren der heutigen Grabkammer, die beim großen Brand von 1808 weitgehend unversehrt blieb, ist in der Wissenschaft weiterhin Gegenstand von Debatten. Während Untersuchungen darauf hindeuten, dass Teile des Innenraums bereits zu Zeiten Kaiser Konstantins mit Marmor oder Gips verkleidet waren, stammen wohl wesentliche Teile der heute sichtbaren Marmoreinbauten aus Restaurierungsarbeiten, die 1555 von Boniface von Ragusa durchgeführt wurden.

Mörtelproben, entnommen von der Nordseite des Eingangs zwischen der sog. Engelskapelle und der Grabkammer, datieren die Forscher hingegen ausschließlich auf das 11. Jahrhundert n. Chr. Dies legt nahe, dass die Engelskapelle erst nach der Zerstörung durch Al-Hakim im Jahr 1009 n. Chr., also während der byzantinischen Epoche (1034-41 n. Chr.) oder sogar noch später während der Kreuzfahrerzeit ab dem Jahr 1099 n. Chr. entstand.

Die Informationen für diesen Artikel stammen größtenteils aus: OSL mortar dating to elucidate the construction history of the Tomb Chamber of the Holy Aedicule of the Holy Sepulchre in Jerusalem, in: Journal of Archaeological Science: Reports 19 (2018) 80–91

Die Ädikula (c) Uriel Kashi
Die graue Marmorplatte (c)Journal of Archaeological Science: Reports 19 (2018) 80–91
Heutiger Grundriss der Grabeskirche (c) Wikipedia
Das Grab Jesu 1887. Frank S De Hass,, Public domain

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