Handwasch-Denkmal in Jerusalem geplant

Handwasch-Denkmal in Jerusalem geplant

Während die Welt noch versucht, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie unter Kontrolle zu bekommen, wird in Jerusalem bereits die Errichtung eines Handwasch-Denkmals geplant. Die Skulptur des berühmten israelischen Künstlers Dani Kishkush soll zwei sich waschende Hände zeigen. Am Eingang des Denkmals sind – im Abstand von 2 Metern voneinander – mehrere Waschmuscheln geplant, wo die Besucher sich die Hände waschen können.  Aufgestellt werden soll das Denkmal unmittelbar vor dem New-Gate, dem nördlichen Eingangstor ins christliche Viertel der Jerusalemer Altstadt.


„Kaum ein Thema hat den Beginn des 21. Jahrhunderts so beeinflusst wie die Frage nach dem regelmäßigen Händehygiene“ sagte Netila Magefa von der Jerusalemer Stadtverwaltung auf einer per ZOOM übertragenen Pressekonferenz. „Dieses Denkmal soll nicht nur Teil der Erinnerung sein, sondern ist vor allem auch für die Zukunft eine eindringliche Mahnung und Aufforderung, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Entsprechend wird der Besuch des Denkmals auch nur mit gewaschenen Händen erlaubt sein!“

Initiatoren des Denkmals sind die Vorsitzenden des jüdisch-muslimischen Dialogprojekts „Naki-Nazif“ Rabbinerin Maijm Beres und Imam Nijja Wudduh: „Das rituelle Händewaschen ist ein verbindendes Element unserer Religionen“ heißt es in einer gemeinsam veröffentlichten Erklärung. „Die Waschung der Hände mit einem speziell dafür vorgesehenen Krug gilt als eines der wichtigsten Gebote des Judentums. Auch im Islam wird vor dem Gebet die rituelle Reinheit durch eine Waschung dadurch hergestellt, indem man sich drei Mal die Hände bis einschließlich der Handgelenke wäscht.“

Kritisiert wurde das Denkmal hingegen vom katholischem Patriarchen Manus Lavabo Innocentia. Die Errichtung des Handwasch-Denkmals am Eingangstor des christlichen Viertels sei eine bewusst provokative Anspielung auf Lukas 11,38  sowie Matthäus 15,2 und damit „heuchlerisch“. Die Tatsache, dass die Kirche eher Fußwaschungen als Handwaschungen propagiere, mache das Christentum noch lange nicht schlechter als Judentum oder Islam. Das Aufstellen eines solchen Denkmals an dieser Stelle würde jedoch suggerieren, dass mangelnde Hygieneregeln im Christentum der Ausbreitung der Krankheit Vorschub geleistet hätten.
Die Einweihung des Denkmals soll heute in einem Jahr, am 1. April 2021 erfolgen.

„Verschleierte Frauen im Heiligen Land“ Neue Wechselausstellung im Israel-Museum

„Verschleierte Frauen im Heiligen Land“ Neue Wechselausstellung im Israel-Museum

Das Israel-Museum gehört seit seinem Gründungdatum im Jahre 1965 zu einer der wichtigsten Kultureinrichtungen Israels. Neben der umfangreichen Dauerausstellung, werden immer wieder spannende Wechselausstellungen gezeigt, wie die Ausstellung „Veiled Women of the Holy Land“, die noch bis Ende Februar 2020 besichtigt werden kann.

Die Kleidung als Ausdruck der Religiosität

Die Verhüllung des weiblichen Körpers ist in vielen Religionen ein Zeichen der Bescheidenheit und Zuwendung sowie Identifikation mit dieser. Mit diesem Thema setzt sich die Austellung „Veiled Women of the Holy Land“ auseinander. Was bedeutet es für die Frauen, sich zu verhüllen? Warum verhüllen sie sich, was ist ihre Motivation? Aber auch die Frage, wie der Betrachter sich fühlt und welche Gedanken mit dem Verhüllen verbunden werden, ist ein Thema in der von No’am Bar’am Ben-Yossef kuratierten Ausstellung. Durch Fotografien, Texte und Kleidungsbeispielen setzt sich die Wechselausstellung mit diesen Fragen umfassend auseinander. Abgerundet wird die Präsentation durch eine Videoinstallation von Ari Teperberg, die einen Einblick in die privaten Gedankenwelt der Frauen erlaubt.

Die Verhüllung des Körpers in verschiedenen Religionen

Der Fokus der Ausstellung liegt in der Vorstellung der Kleidungsvorschriften für Frauen in den drei Hauptreligionen, die in Israel präsent sind. Inspiriert von dem Trend, dass sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr Frauen gleichsam verhüllen, setzt sich die Ausstellung mit der Bedeutung der Verhüllung des weiblichen Körpers innerhalb der jüdischen, muslimischen und christlichen Religionswelt auseinander und versucht Parallelen und Unterschiede aufzuzeigen.

Die religiösen Gesetze des Judentums raten verheirateten Frauen, ihren Kopf sowie ihr Haar zu bedecken und ihren Körper zu bedecken, wobei das Gesicht sichtbar bleiben kann. Jedoch kleideten sich jüdische Frauen schon im späten 19. Jahrhundert in Palästina, beeinflusst durch die muslimischen Frauen, gesichtsbedeckend. Zwischenzeitliche ging dieser Trend verloren, doch trat er zum Anfang des 21. Jahrhunderts in Einzelfällen wieder in Erscheinung. Auch die einzelnen Schichten der Verhüllung wurden immer symbolischer und von religiöser Bedeutung. Ein Unterkleid kann dabei für Fruchtbarkeit stehen oder an das Zelt der Erzmutter Sarah erinnern. Bezug genommen wird dabei auch auf den Hohepriester zur Zeit des Tempels, der sogar acht Schichten Kleidung getragen haben soll. In einer kleinen Sekte hauptsächlich neureligiöser Frauen lassen sich vollverschleierte jüdische Frauen finden, die durch Ihre Kleidung zur Erlösung der Juden beitragen wollen. Von ihrer äußeren Erscheinung lassen sie sich kaum von vollverschleierten muslimischen Frauen unterscheiden.

Ähnlich wie im Judentum ist auch im muslimischen Glauben die Verschleierung keine Pflicht und basiert eher auf Tradition, die darauf zurückgeht, dass die Frauen des Propheten ihr Gesicht verschleierten. Bis zum frühen 20. Jahrhundert war die Verschleierung ein gängiges Bild in muslimischen Gemeinschaften. Während der britischen Mandatsherrschaft setzte sich vor allem in den urbanen Gebieten eine modernere Kleidungsweise mit farbenfroheren Kleidungstücken, die weniger des Körpers bedeckten, durch. Jedoch zeigt sich auch bei den muslimischen Gemeinden in den letzten Jahrzehnten ein Weg zurück zur traditionellen Kleidungsweise.

Auch die Kleidung der christlichen Nonnen basiert auf Tradition und soll die Ergebenheit sowie Ehrfurcht vor dem Schöpfer ausdrücken. Wie bei der keuschen Kleidung von Jüdinnen und Muslima betont diese nur wenig den Körper und ist weitestgehend von Kopf bis Fuß bedeckend. Einige katholische Nonnen schützen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts durch einen leichten Stoffvorhang auch ihr Gesicht vor den Blicken anderer. Die Trachten der katholischen und orthodoxen Nonnen lassen sich leicht voneinnadern unterscheiden, wohingegen die traditionelle Kleidung von russisch-orthodoxen Nonnen der von strenggläubigen Jüdinnen und Muslima durchaus ähnlich ist.

Die Wechselausstellung „Veiled Women of the Holy Land“ zeigt Gemeinsamkeiten aber auch die Unterschiede in der Verhüllung des weiblichen Körpers innerhalb der drei großen monotheistischen Weltreligionen auf. Interessant ist vor allem der Einblick in das Private der Frauen, die sich für eine Verschleierung entschieden haben und deren Gedankenwelten.

Weitere Informationen zur Ausstellung

 

  • Wo: Israel Museum
  • Wann: 16. April 2019 – 29. Februar 2020
  • Kurator: No’am Bar’am Ben-Yossef
  • Infos zur Ausstellung

Israelisches Tourismusministerium testet Roboter als Reiseleiter.

Israelisches Tourismusministerium testet Roboter als Reiseleiter

Israel erlebt einen Tourismusboom: Mit über vier Millionen Touristen im Jahr 2018 verzeichnet Israel einen Anstieg über 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und gerade für deutschsprachige Gruppen mangelt es an geeigneten Reiseleitern.

Um der wachsenden Anzahl von Touristen gerecht zu werden, hat das israelische Tourismusministerium diese Woche mit dem Test von zehn KI-Robotern in der Altstadt von Jerusalem begonnen.

Positioniert werden die Tourguide-Roboter an zentralen Sehenswürdigkeiten wie der Grabeskirche, der Klagemauer aber auch neben dem siebenarmigen Leuchter unmittelbar vor der Knesset – dem israelischen Parlament.

Nach Angaben des Ministeriums sollen die Roboter die jeweilige Sprache der Touristen automatisch erkennen und auf Fragen eine gesprochene und geschriebene Antwort liefern. Letztere soll auf einem Bildschirm angezeigt werden.

Bereits heute können die Roboter über ein interaktives Display den Besuchern Foto-und Videomaterial zeigen, wie es menschliche Reiseleiter nicht tun können.

Zukünftig können sich Touristen dank moderner Technologien wie Hologrammen, Telepresence und Virtual Reality sich vor Ort viel besser vorstellen, wie diese von 2000 Jahren ausgesehen und auf die Menschen damals gewirkt haben.

Während ein virtuelles Modell des jüdischen Tempels bereits realisiert wurde und sich bei vielen Touristen großer Nachfrage erfreut, wird es zukünftig möglich sein, Jesus auf seinem Leidensweg – der Via Dolorosa – zu begleiten und der Kreuzigung (und Auferstehung) direkt beizuwohnen. Auch die nächtliche Himmelsreise Mohammeds könnte so für moslemische Pilger unmittelbar erlebbar werden, wobei sich der Waqf – jene moslemische Stiftung, die heute die Al Aqsa Moschee und den Felsendom verwaltet – aufgrund des moslemischen Bilderverbots bislang strikt gegen diese Idee ausgesprochen hat.

Hilfreich könnten sich Roboter auch für zahlreiche Pilgergruppen erweisen. Nachdem im Rahmen der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg die Evangelische Kirche sogenannte Segensroboter erfolgreich testete, wären in Israel zukünftig der Einsatz von modernerer Priester-Robotern bei der Feier von Messen und des Abendmahls denkbar.

Nicht zuletzt können Roboter im Tourismus aber auch einfach ein Gimmick sein: „Es ist auch eine zusätzliche Attraktion“, so Adar Bdicha vom israelischen Tourismusministerium. „Letztendlich bleibt auch der Tourismusbereich in Israel die Zukunft ein gemischter – in der sich Mensch und Maschine ergänzen.“

Aktuelle Stimmung in Jerusalem

Aktuelle Stimmung in Jerusalem

Die Rede des amerikanischen Präsidenten Trump, in welcher er ankündigte, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, führte international zu Irritationen und Protesten.
Am Tag nach der Rede interviewte mich Dr. Tibor Pézsa von der Hessische Niedersächsische Allgemeine (HNA) zur aktuellen politische Stimmung in Jerusalem.

Anbei das Interview als PDF-Dokument.

Sicherheit in Israel – Tipps zum Schutz vor (Trick-)betrügern

Sicherheit in Israel – Tipps zum Schutz vor (Trick-)betrügern

Vorab: Israel ist ein sicheres Reiseland und sogar im europäischen Vergleich würde ich sagen, dass wir hier relativ wenig Kleinkriminalität erleben. Trotzdem findet man selbst in Jerusalem Betrüger, die sich vor allem an den von Touristengruppen gerne besuchten Sehenswürdigkeiten aufhalten. Einige davon sind uns als israelische Reiseleiter nur allzu bekannt und wenn man die typischen Vorgehensweisen der Betrüger erstmal verstanden hat, kann man sich gut vor ihnen schützen. Die Idee für diesen kleinen Artikel bekam ich durch ein Video des Journalist Conor Woodman, der an beliebten Sehenswürdigkeiten weltweit eine Serie über die Maschen von (Trick-)betrügern gedreht hat. Der in Israel gefilmten Beitrag der Serie „Scam City“ illustriert sehr genau, wie die Betrüger am Jerusalemer Ölberg, in der Altstadt und an der Klagemauer vorgehen.

1) Der Ölberg in Jerusalem ist für viele Israelreisenden ein Muss. Besonders die Aussichtsplattform ist beliebt, denn von hier aus eröffnet sich ein wunderbarer Blick auf die Altstadt von Jerusalem und den Tempelberg. Dem jüdischen Glauben nach wird von hier der Messias nach Jerusalem gehen und alle Toten auferwecken – daher die unzähligen Gräber am Hang. Für Christen ist dies u.a. der Ort, von dem aus Jesus gen Himmel gefahren ist.

Vorsicht ist auf dem Ölberg vor den zahlreichen Verkäufern von Panorama-Karten geboten. Während die Karte vor ihnen ausgebreitet wird und Sie nach Kleingeld kramen, zieht Ihnen der angebliche Verkäufer, verdeckt durch das Poster, blitzschnell und sehr geschickt mit zwei Fingern weiteres Geld aus dem Portemonnaie. In unten angefügten Video wird das in der Minute 36.42 gezeigt.

Generell ist es empfehlenswert, keine großen Bargeldsummen beim Sightseeing bei sich zu tragen und gut auf Ihre Tasche und das Smartphone zu achten.

2) Vom jüdischen Viertel aus in Richtung der Klagemauer, einem der heiligsten Orte für gläubige Juden, werden auf der Treppe oberhalb des Zugangs von Pseudo-Rabbinern rote Armbänder angeboten. Diese sollen angeblich vor dem „bösen Blick“ schützen und Glück bringen. Nachdem die einfache rote Schnur um das Handgelenk gewickelt wurde, verlangt der angebliche Rabbiner jedoch hohe Summen an Geld, als „Spende“ für seinen Segen.

Tatsächlich wird das rote Band im Judentum selbst eher als Aberglaube abgetan und ist auch in keiner kabbalistischen Quelle zu finden. Die Männer sind also keineswegs religiös sondern einfache Betrüger, die das an Touristen verdiente Geld für eigene Zwecke verwenden. Somit bringt das Band vor allem den Verkäufern Glück und Wohlstand ein.

Lassen Sie sich ihren Israelurlaub nicht von Trickbetrügern verderben und verzichten Sie lieber auf das rote Band und den Kauf von Souvenirs auf dem Ölberg und im Umfeld von beliebten Sehenswürdigkeiten.

Wer Zeit und Lust hat, sich den ganzen Film anzuschauen, wird auch viel über gefälschte Antiquitäten erfahren, die einige Händler der Altstadt aus dem Libanon (römisches Glas) und aus Syrien einführen. Es finden sich aber auch gestohlene echte Antiquitäten, die aus Museen aus dem Irak und Lybien stammen.

https://vimeo.com/143515295

Neue Multimedia Installation an der Via Dolorosa eingeweiht.

Neue Multimedia Installation an der Via Dolorosa eingeweiht.

In unserer High Tech Welt möchten auch die Kirchen mit der Zeit gehen, und nachdem die lutherische Erlöserkirche mit ihrer gelungenen Ausstellung „Durch die Zeiten“ schon seit einigen Monaten die archäologischen Funde unterhalb und neben der Kirche präsentiert und durch Computerstationen sehr eindrücklich erklärt und veranschaulicht, folgt nun auch die katholische Kustodie des Heiligen Landes mit einem kleinen Museum direkt am Anfang der Via Dolorosa.

Erste Station

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine Multimedia-Installation in Form einer Film-Leinwand, die von der Decke hängt. Eine Stimme begrüßt die Besucher im Namen der Stadt Jerusalem. Während Lichtscheinwerfer nacheinander verschiedene Objekte der Ausstellung anstrahlen (Mauerreste, Säulenkapitelle oder Kanonenkugeln), wird in 15 Minuten die Geschichte der Stadt zusammengefasst.
Persönlich hätte ich es passender gefunden, wenn sich das Museum ausschließlich auf die Geschichte der Via Dolorosa konzentrieren würde, anstatt zu versuchen, innerhalb kürzester Zeit über 2000 Jahre Stadtgeschichte zusammenzufassen. Anstelle der Aufzählung historischer Daten und Ereignisse wäre eine Erklärung der Umstände der Verurteilung Jesu oder zumindest eine historische Interpretation der 14 Stationen des Leidensweges interessanter gewesen. Auch die Tonqualität der Erklärungen lässt leider zu wünschen übrig.

Dennoch ist der Ansatz der Franziskaner, die Heiligen Orte der Stadt zeitgemäß und auch mit technischen Hilfsmitteln zu präsentieren, sicher richtig.

Reisetipp: Auf den Spuren des Sanhedrin

Wir befinden uns im Jahre 69 nach Christus. Ganz Judäa ist von den Römern besetzt…. Ganz Judäa? Nein! Ein von unbeugsamen Juden bevölkertes Städtchen namens Jerusalem hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Doch leider verfügt die jüdische Gemeinde der Stadt nicht über jenen berühmten Zaubertrank, welcher die Gallier vor weiteren Übeln schützte und bereits im Jahre 70 gelang es dem römischen Feldherrn Titus die Stadt zunächst zu erobern und schließlich zu zerstören.

Dies hätte das Ende des Judentums bedeuten können. Doch der berühmte jüdische Rabbiner Jochanan Ben Zakkai hatte das große Unglück vorhergesehen und die belagerte Stadt gerade noch rechtzeitig verlassen. Die Legende erzählt, er hätte vom römischen General Vespasian die Erlaubnis erhalten, mit seinen Schülern eine Akademie in Yavne, südlich vom heutigen Tel Aviv zu gründen. Hier versammelte sich in den folgenden Jahren der „Sanhedrin“ – eine Art „Rat“ jüdischer Autoritäten – der bis zu seiner Auflösung im dritten Jahrhundert die Entwicklung des Judentums nachhaltig prägte. Schon bald verlegte dieser Sanhedrin seinen Standort in den Norden des Landes, der sich in den folgenden Jahrhunderten zum Zentrum jüdischen Lebens im Heiligen Land verwandelte.

Stationen des Sanhedrin
Stationen des Sanhedrin

Spätestens im Jahre 140 gelangte der Sanhedrin nach Beit Shearim – heute östlich von Haifa gelegen. Antike Schriften erzählen uns von einem prachtvollen Ort jüdischen Lernens, wo der Patriarch Juda Ha-Nassi die Schlussredaktion der „Mishna“ – eine schriftliche Aufzeichnung der Religionsgesetze – vorgenommen haben soll. Hier soll Ha-Nassi sogar begraben liegen und es wird berichtet, dass bei seinem Begräbnis die Sonne am Himmel wartete bis auch der letzte seiner zahlreichen Schüler dem großen Rabbiner die letzte Ehre erweisen konnte. Und tatsächlich: Inmitten von Kreidehügeln fanden Archäologen in den weichen Kreidestein gegrabene Katakomben mit zahlreichen gewölbten Grabkammern und Hunderten Sarkophagen mit Hebräischen und Griechischen (!) Inschriften. Die Sarkophage aus Kalkstein oder Marmor (je nach Stellung des Toten) weisen beeindruckende Verzierungen auf. Sie zeigen Adler und Löwen, aber auch jüdische Symbole wie den siebenarmigen Leuchter oder das Eingangstor zum jüdischen Tempel. Nach dem Tode des Patriarchen entwickelte sich der Ort offenbar zu einem beliebten Begräbnisort wohlhabender Juden aus der gesamten Region.

Grabeshöhle in Beit Shearim
Grabeshöhle in Beit Shearim

Von Beit Shearim wanderte der Sanhedrin weiter nach Zippori, ein auf dem Gipfel eines kleinen Berges gelegenes Städtchen, indem sowohl Römern als auch Juden lebten. Auch hier sind die archäologischen Funde nicht weniger imposant. Neben einem beeindruckenden römischen Theater mit etwa 4500 Sitzen und dem jüdischen Priesterviertel, in welchem fast jedes Haus über ein privates rituelles Tauchbad (Mikwe) verfügte, wurde in einem etwas tiefer gelegenen Stadtviertel eine Synagoge aus dem 6. Jahrhundert ausgegraben, die besonders wegen ihres beeindruckenden Mosaikfußbodens sehenswert ist.

Nilometer Mosaik in Zippori
Nilometer Mosaik in Zippori

Neben zahlreichen Szenen aus der Bibel und einem Sternzeichenkreis findet sich in der Mitte der Synagoge die Darstellung von Helios, dem griechischen Gott der Sonne. Die jüdischen Bewohner der Stadt schienen sich um die alten Traditionen der Religion nicht besonders zu scheren, sondern versuchten stattdessen, die umliegenden heidnischen Gottesvorstellungen in das eigene Gottesbild zu integrieren. Beeindruckende Mosaikfußböden finden sich in Zippori mehr als in jeder anderen archäologischen Fundstelle Israels. In einer römischen Villa fand sich sogar die Darstellung eines Trinkwettbewerbs zwischen dem Gott des Weines Dionysus und Herkules. Ob diese Villa vielleicht sogar die Zweitwohnung des Juda Ha-Nassi gewesen sein könnte, ist unter den Historikern umstritten.

"Mona Lisa" Mosaik in Zippori
„Mona Lisa“ Mosaik in Zippori

 

Besucht man heute als Tourist die galiläischen Berge, hört und liest man viel über die Bedeutung der Region für das Christentum. In Nazareth verbrachte Jesus einen Großteil seines Lebens. Hier wie auch an der Nord-Westküste des Sees Genezareth heilte er Kranke, vollbrachte Wunder und scharte zahlreiche Jünger um sich. Vergessen wird dabei oft die jüdische Geschichte der Region. Die vergangenen Zeilen versuchten, dem geneigten Leser Lust zu machen, bei einem zukünftigen Israelbesuch auch ein paar abgelegene, aber nicht weniger spannende Orte jenseits der ausgetretenen Pilgerpfade zu besuchen.

Orthodoxe Demonstration gegen die Wehrpflicht.

In Jerusalem demonstrierten heute mehrere hunderttausend jüdische Orthodoxe gegen die Einfühung der allgemeinen Wehrpflicht. Auf das nicht immer einfache Verhältnis der Ultraorthodoxen zum heutigen Staat Israel bin ich in einem früheren Blogbeitrag bereits eingegangen. Seither hat sich die Lage weiter zugespitzt. Die neue Regierung hat einen Gesetzesentwurf eingebracht, der vorsieht, die Wehrpflicht schrittweise auch auf ultraorthodoxe Männer auszuweiten.
Grund für den Gesetzesentwurf ist u.a., dass der oberste Gerichtshof die bisherige Befreiung der Ultraorthodoxen vom Wehrdienst als unrechtmäßig eingestuft hat. Weiter hofft die Regierung durch die Ausweitung der Wehrpflicht langfristig mehr Ultraorthodoxe in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Die heutige Gegendemonstration – eine der größten Demonstrationen in der Geschichte Israels – begann mit lauter Musik und einem gemeinsamen Nachmittagsgebet. Während ich die Demonstration beobachtete, empfand ich die Stimmung als sehr entspannt und überhaupt nicht gewalttätig. Dennoch ist die erfolgreiche Massenmobilisierung natürlich eine Hinweis für die Regierung, dass missliebige Entscheidungen durchaus auf Widerstand in der orthodoxen Bevölkerung stoßen wird.

Anbei ein paar Photos vom heutigen Tag inkl. Übersetzung der Schilder:

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„Wie ein Goj (Nichtjude) leben, könnten wir auch in Norwegen“

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„Es wird nicht gelingen, uns den Militärdienst aufzuzwingen“

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„Die Israelische Regierung schikaniert und zerstampft grob observante Juden“

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Männer und Frauen demonstrieren getrennt. Hier die Männerseite…

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… und hier die Frauenseite…

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„Nur in Israel gilt das Thora lernen als Verbrechen!!!“


Partystimmung verbreiteten (wie immer) die Anhänger des Rabbi Nachman von Breslov

Bereits vor ein paar Monaten fand ich bei einem Spaziergang durch Mea Shearim folgenden Aufkleber. Ein israelischer Soldat macht sich auf die Jagd nach völlig schockierten kleinen orthodoxen Jungs…

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Wir dürfen gespannt sein, wie sich dieses Thema weiter entwickeln wird.

Jerusalem, die …

Jerusalem, die Heilige Stadt. Sie ist das Ziel zahlreicher Pilger weltweit, ein Ort zwischen Religionen, Kriegen und Kulturen. Uriel Kashi, Reiseleiter in Israel, zeigt seinen Gästen aber auch ein anderes Jerusalem. Das, in dem Christen, Moslems und Juden nebeneinander und miteinander leben und sich arrangieren. Das Jerusalem, in dem im selben Laden T-Shirts mit »Free Palestine!« – Aufdruck, Motiven der israelischen Armee, von Jesus und von Popstars ausliegen. Er zeigt die Heilige Stadt mit Kirchen, Moscheen und Schreinen und die Stadt, in der die etwa eine Million Einwohner täglich ihren Geschäften nachgehen.

Ende letzten Jahres (2013) gab ich der Journalistin Susann Lederer ein Interview über Jerusalem und meine Stadtführungen dort.
Heute erschien der Artikel im Reisemagazin der Urlaubsbuchungswebsite www.ab-in-den-urlaub.de.
Wer Lust auf den Artikel hat, findet ihn im PDF-Format (5.5 MB) auf meiner Homepage unter:

http://www.reiseleiter-israel.de/israel/JerusalemUrlaub.pdf

Heiliger Müll, oder Pessachputz an der Klagemauer.

Heiliger Müll, oder Pessachputz an der Klagemauer.

Die Kotel – auch unter dem Namen „Klagemauer“ bekannt, gilt als einer der wichtigsten Orte des Judentums. Unweit der Stelle, wo bis vor 2000 Jahren der jüdische Tempel stand, sei –  so erzählt es die mystische Lehre der Kabbala – die „göttliche Anwesenheit“ ganz besonders präsent. Entsprechend entwickelte sich bereits vor vielen hundert Jahren die Tradition, kleine Briefe mit Fürbitten und Wünschen in eine der zahlreichen Ritzen der Mauer zu stecken, in der Hoffnung, dass diese Gebete vom lieben Gott vielleicht etwas schneller erhört werden könnten.

Heute können Gläubige ihre Wünsche sogar per Internet nach Jerusalem schicken, wo sie ausgedruckt und in eine der Spalte gestopft werden. Für eine kleine Spende ist man unter www.jerusalemwesternwall.com sogar dazu bereit, einen Rabbiner dabei zu filmen, wie er das kleine Zettelchen in eine der Mauerspalten drückt und es segnet. Anschließend wird das Video des Ganzen auf YouTube veröffentlicht.

Während manche Gläubige statt kleinen Briefen auch mal ein paar hundert ungedeckte Schecks an der Klagemauer hinterlassen, zeigte sich Bart Simpson in der berühmtem Israel-Folge grundsätzlich skeptisch, ob die vielen ausformulierten Wünsche überhaupt erfüllbar sind.

Oft werde ich gefragt, was eigentlich mit den vielen Millionen Papierschnitzeln passiert, die sich über die Jahre ansammeln? Die Antwort lautet, dass sie 2x im Jahr (vor dem Neujahrsfest Rosh Hashana und vor Pessach) von extra ausgebildeten Arbeitern unter der Aufsicht des zuständigen Rabbiners gesammelt und auf dem großen jüdischen Ölberg-Friedhof begraben werden. Vor ihrer Arbeit müssen die Arbeiter übrigens noch in der Mikwe (dem rituellen Tauchbad) untertauchen und selbstverständlich ist es gemäß der Halacha streng verboten, die Gebete und Texte auf den zahlreichen Zetteln zu lesen.

  Briefe in Plastiksack  20130403_115225  20130403_11470720130403_114601

Heute standen vor der Klagemauer zwei große Wägen mit Müllsäcken, aufgefüllt mit Hunderten von diesen kleinen Zettelchen, kurz bevor Sie zum Ölberg gebracht werden sollten. Ich habe die Säcke als Beweis für meinen Blog fotografiert. Kurzum: Es gibt wieder Platz für neue Gebete!