Genial und zukunftsweisend: Solar Guerrilla-Ausstellung im Tel Aviv Museum of Art

Genial und zukunftsweisend:
Solar Guerrilla-Ausstellung im Tel Aviv Museum of Art

Plötzlich wollen alle Unternehmen und Produkthersteller nur noch Eines:  Nachhaltig sein, umweltfreundlich wirken. Oft steckt hinter den angepriesenen Begriffen pures Greenwashing bereits bestehender Strukturen und Konsumgüter. Nicht so bei „Solar Guerrilla: Constructive Responses to Climate Change“. Nachhaltigkeit ist hier nicht nur ein Buzzword:

Sonderausstellung Solar Guerrilla

Die Sonderausstellung Solar Guerrilla im Tel Aviv Museum of Art diskutiert die Frage, welche Möglichkeiten insbesondere Städte haben, mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen? Durch die stark anwachsende Bevölkerung müssten sich gerade Städte als kulturelle und soziale Zentren ihrer Verantwortung stellen und neue klimafreundliche Stadtkonzepte entwickeln. Große Städte  – so der Ausstellungskatalog –  sind Spielwiesen für Experimente, Initiativen und neue Ideen, die dann auch andererseits eingesetzt werden könnten.

Photo des Museums von außenPhoto des Eingangs in die Ausstellung Kind formt Landschaft aus Sand

Gezeigt werden 35 Beispiele aus unterschiedlichen Städten in der ganzen Welt, wie der urbane Raum perfekt genutzt werden kann, um Antworten auf die drängenden Fragen des Klimawandels zu geben: Bekämpfung von Luftverschmutzung, klimaneutrale Mobilität, Lösungen für die zunehmende Wohnraumknappheit sowie die immer schwieriger werdenden Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Nahrungsmitteln und sauberer Energie.

Das Smog-Free Project

Sehr spannend ist dabei beispielsweise das Smog-Free Project unter der Leitung von Daan Roosegaarde. In diesem Langzeitprojekt werden Wohnkonzepte für sauberere Stadtluft realisiert. Zuletzt geschah dies in den Niederlanden, China und Polen, wo  luftfilternde Türme in smogbelasteten Städten installiert wurden und der Luft die Verunreinigungen durch Ionisierung zu entziehen. Genial daran: Die entzogenen Smogpartikel werden in Handarbeit zu Smog-Free Schmuck verarbeitet. Wer diesen Schmuck kauft, sieht nicht nur schick aus sondern er/sie schenkt einer Stadt und ihren Bewohnern außerdem saubere Luft. Ähnlich filtert das durch reine Muskelkraft angetriebene Smog-Free Fahrrad durcheinen angebauten Filter ebenfalls die verunreinigte Luft. Der Radfahrer entlastet also nicht nur durch den Verzicht aufs Auto die Luft, sondern auch durch das Radfahren selbst.

Vorstellung des Turms, der die Luft reinigt Modell des Turms Photo des Smog-Free Fahrrads Smogpartikel in kleinen Tüten

Climate Lab Book

Die Erderwärmung ist für viele Menschen nicht einfach zu begreifen, da die Lebenszeit eines Einzelnen zu kurz ist, um die gravierenden Veränderungen seit dem Beginn der Industrialisierung selbst wahrzunehmen. Umso wichtiger ist das Projekt „Climate Lab Book“, ein Blog, auf dem die Beschleunigung der Erderwärmung durch einfache Visualisierungen deutlich gemacht wird. Erschreckend klar wird hier jedem Betrachter, dass wir Menschen gerade an einem Wendepunkt in der Erdgeschichte stehen, den wir nicht länger leugnen dürfen. Die World Meteorological Organization möchte mit diesen Visualisierungen das Thema der Erderwärmung in der Gesellschaft populärer machen und den dringenden Handlungsbedarf verdeutlichen.

Photo der Warming Stripes

Vertikalen Gärten

Ein umfassendes städtebauliches Konzept stellt das in dieser Ausstellung gezeigte neue Check Point Building dar. Entlang der Küste Tel Avivs soll ein Viertel entstehen, das alle Aspekte klima- und ressourcenschonenden Lebens in sich vereinen soll. Dazu zählen vertikale Gärten, die als Nahversorgung der Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln dienen sollen, außerdem soll der Komplex beschattete Erholungsräume bieten, Überflutungen oder extreme Winde, lang anhaltende Dürreperioden oder ander Wetterextreme abpuffern. Durch die vertikalen Gärten wird im Vergleich zum bisherigen Anbau von Lebensmitteln ein Vielfaches an Wasser gespart und zugleich der verfügbare Raum besser genutzt. Stadtplanerisch soll das Gebiet geschickt die übliche Windrichtung berücksichtigen und Fußgänger sowie Radfahrer im Vergleich zu Autofahrern begünstigen. Der Mensch soll durch dieses urbane Wohnkonzept wieder direkt mit der Natur in Kontakt sein, statt im städtischen Lebensumfeld von der Natur abgekapselt zu werden.

Kind steht vor Modell des neuen Check Point Buildings Gießen des vertikalen Gartens am Check Point Building Modell des neuen Check Point Buildings

 

Die Ausstellung zeigt: Unser Lebensstil muss sich nicht verschlechtern, aber doch verändern. So wie wir heute leben, zerstören wir unsere eigene Lebensgrundlage und verringern in nie dagewesener Geschwindigkeit die Anzahl der Tier- und Pflanzenarten auf der ganzen Erde. Dabei hat die Zukunft so viel mehr zu bieten, als nur ein uninspiriertes „weiter so“ bis zum Exitus. Genau diese Hoffnung treibt Kuratorin Vinitsky bei dieser Ausstellung an. Sie hofft, den Menschen nach dem Besuch des Museums die Augen geöffnet zu haben, damit sie ab diesem Zeitpunkt ihr Handeln kritisch hinterfragen.

Übrigens: Passend zum Thema wurde die gesamte Ausstellung, also auch die verbauten Materialien, so ausgewählt um auch hier den CO2-Fußabdruck möglichst gering zu halten.

  • Wo: Tel Aviv Museum of Arts
  • Wann: 18 Juli 2019 – 22 Februar 2020
  • Kuratorin: Maya Vinitsky
  • Infos zur Ausstellung

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