Ultraorthodoxe und das Verhältnis von Staat und Religion

Ultraorthodoxe und das Verhältnis von Staat und Religion

Während meiner Führung werde ich häufig gefragt, wie sich das Zusammenleben zwischen religiösen und säkularen Juden in Israel gestaltet.

Gemäß der Unabhängigkeitserklärung von 1948 versteht sich Israel als „jüdischer“ und gleichzeitig „demokratischer“ Staat. Der Begriff „Jüdisch“ wird dabei nicht unbedingt religiös, sondern eher kulturell oder national verstanden. Gesetzlich wird die Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von der Religion im Basic Law: Human Dignity and Liberty garantiert. Weiter gilt in Israel – wie in jeder westlichen Demokratie – die Glaubens- und Kultusfreiheit in dem Sinne, dass jeder die Freiheit besitzt seine Religion in der privaten wie auch in der öffentlichen Sphäre frei auszuüben.

Allerdings stellt sich die Frage, inwiefern Israel als jüdischer Staat gleichzeitig auch ein Staat seiner Bürger sein kann, in dem sich säkulare jüdische, wie auch moslemischen und christlichen Bürger wirklich zu Hause fühlen können. Letztendlich prägen die Religionen den Alltag säkularer Israelis nämlich stärker, als es z.B. das Christentum in Deutschland vermag.

Ein Beispiel für den weitreichenden Einfluss von Religion in Israel ist die Institution des Oberrabbinats, welches den Status eines Staatsorgans einnimmt. Das Rabbinat bestimmt wichtige Bereiche des Familienrechts, so z.B. die Heirat und Scheidung. Entsprechend ist offiziell eine Heirat zwischen Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit nicht möglich. Jüdische Ehen werden von Rabbinern geschlossen, für die christlichen und muslimischen Bewohner des Landes sind deren entsprechende religiöse Autoritäten zuständig.
Auch im Schulsystem ist der Einfluss insb. des orthodoxen Judentums deutlich erkennbar. Neben dem allgemeinen säkularen Schulsystem existiert nämlich noch ein national-religiöses und ein orthodoxes Schulsystem, in welchem religiöse Inhalte und auch tägliche Gebete eine wichtige Rolle spielen. Auf die Lerninhalte des orthodoxen Schulsystems, hat das staatliche israelische Bildungsministerium praktisch keinen Einfluss.
Auch christliche und moslemische Araber lernen meistens in eigenen Schulen.

Etwa 20% der jüdischen Israelis bezeichnen sich als Jüdisch-Orthodox und in der Knesset – dem israelischen Parlament – werden 19 der 120 Sitze von orthodoxen Parlamentariern besetzt. Viele säkulare Israelis fühlen sich von dem immer stärker werdenden Einfluss der Ultra-Orthodoxen bedroht, vor allem in Jerusalem: Dort wurden in der Vergangenheit aus Rücksicht auf die orthodoxe Bevölkerung Werbeposter mit Frauenbildern von Werbetafeln entfernt. Auch gab es öffentliche Konzertfestivals, zu welchen aus Sorge vor Ausschreitungen durch orthodoxe Juden ausschließlich männliche Sänger eingeladen wurden. Das Hören von Frauenstimmen gilt dort nämlich als „nicht züchtig“.
Nicht selten liest man in den Zeitungen über Debatten zur demographischen Entwicklung der nicht-zionistischen orthodoxen Bevölkerung. Angstszenarien wegen einer angeblich zu schnell wachsenden orthodoxen Bevölkerung, bewegen linke Journalisten wie Gideon Levi dazu, die gesamte Diskussion um demographische Entwicklungen als „rassistisch“ abzulehnen.

Im Dezember 2011 dieses Jahres demonstrierten Hunderte von Israelis gegen die Tendenz, „Jerusalem in ein neues Teheran“ zu verwandeln. Auch innerhalb moderat-religiöser Gruppen formierte sich eine Elternbewegung , die sich dagegen wandte, den Gesang von kleinen Mädchen als unzüchtig abzustempeln.

In diesem Kontext entstand auch das Video des israelischen Komikers Meni Malka. Verkleidet als Ultraorthodoxer plädiert er auf die Melodie von Michel Telo „Ai Se Eu Te Pego“ dafür, dass auch achtjährige Mädchen ihre Ellbogen bedecken sollten, weil ihre „unzüchtige“ Kleidung ihn ansonsten beim Lernen der heiligen Schriften ablenken würde. Auch ohne den Text zu verstehen wird durch die Machart des Videos deutlich, dass er das natürlich nicht ernst meint.

Happy Channuka

Happy Channuka

An Channuka feiern Juden in der ganzen Welt die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Zt. Die Makkabäer beendeten die Herrschaft des Seleukidenreiches über Judäa und beseitigten den im jüdischen Tempel von Griechen errichteten Zeus-Altar. Nach der Überlieferung wollten die Makkabäer anschließend das Ewige Licht des Tempels entzünden, doch fanden Sie nur noch ein Krug geweihtes Öl vor, welches nur für einen Tag reichen konnte. Durch ein „Wunder Gottes“ leuchtete das Licht dennoch acht Tage, bis neues „koscheres“ Öl zum Tempel gebracht werden konnte. Aus diesem Grund entzünden Juden während der acht Channukatage den achtarmigen Chanukkaleuchter und essen in Öl gebackene Speisen wie Krapfen (hebr. Sufganiyyot) oder Latkes (Kartoffelpuffer).

Zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik entwickelte sich in deutsch-jüdischen Familien außerdem die Tradition, sich einen Tannenbaum zu Hause aufzustellen. Diese Adoption des Christbaumes findet sich heute noch in jüdischen Familien in den USA wie auch bei Familien aus der ehem. Sowjetunion.

In den folgenden beiden Filmen geben die beiden amerikanischen Gangster Luis and Jacquann in witziger Weise „Kochtipps“ zum Braten der Latkes und Schmücken des „Channukabusches“.

http://www.youtube.com/watch?v=JUzo3uQ00OM&w=560&h=315

http://www.youtube.com/watch?v=RiIxKMOxipA&w=560&h=315

Wem das Anzünden des Channukaleuchters auf Dauer anstrengend erscheint, kann sich die Channukia-entzünd-Maschine besorgen, die kürzlich von der israelischen technischen Hochschule „Technion“ in Haifa entwickelt wurde.

Und abschließend noch ein wunderbare Jazz Ballade von Michelle Citrin, mein persönlicher Favorit der Channuka-Videos dieses Jahr.

Schwarzer Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Kürzlich fuhr ich mit dem von Tel Aviv nach Jerusalem und sah auf der Hinterseite des Sammeltaxis eine Werbung, die von der Aufmachung auch aus der Hippie-Zeit der 70er Jahre stammen könnte. Blumen, eine kleines Herzchen und ein Peace-Zeichen schmücken einen Lila Schriftzug, der es jedoch in sich hatte:  Übersetzt stand da in etwa: Eines Tages wird uns der Iran angreifen… aber bis dahin genießen wir das Leben in der „Interkom-Bar“ + Adresse etc.

Werbung der Interkom-Bar

Auch eine Schokoladenbrotaufstrich-Firma karikierte in einem Fernsehspot kürzlich einen möglichen Krieg zwischen Israel und dem Iran, um ihr Produkt an die Leute zu bringen.

http://www.youtube.com/watch?v=g2HtjLGzrT8&w=560&h=315

Dieser humorvolle Umgang mit realen Bedrohungsszenarien haben in Israel eine lange Tradition. Das beste Beispiel hierfür ist die israelischen Comedy Show „Eretz Nehederet“, die selbst die kürzlichen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas mit viel Ironie, aber auch sehr kritisch, begleitete.

Da die Sendung leider nicht mit englischen Untertitel zu finden ist, anbei eine kurze Zusammenfassung:

Am Anfang kündigt der „Nachrichtensprecher“ an, dass es heute etwas im TV zu sehen gibt, dass es schon laaaange – nämlich seit gestern Abend – nicht mehr zu sehen gab. Eine Sondersendung zur Operation „Wolkensäule“. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak wird interviewt und lispelt, dass eine Militäroperation vor den Parlamentswahlen eine lange Tradition habe und der israelische Militärsprecher – ausgestattet mit zwei großen Zahnlücken – kündigt der Hamas an, dass der Beschuss israelischer Städte „schwerliegende Folgen“ mit sich bringen würde. Er spricht dabei tiefsten Straßenslang und klingt vom Vokabular her eher wie ein Marktschreier auf dem Gemüsemarkt von Jerusalem als wie ein verantwortungsvoller Militär. Verschiedene Politiker kommentieren das Geschehen mehr oder weniger idiotisch und prügeln sich und auch der israelische Ministerpräsident freut sich in einer Rede darüber, dass der Krieg die Opposition bei den nächsten Wahlen schwächen wird. Die Schlussszene der Sendung karikiert schließlich das Verhalten der Zivilbevölkerung beim Raketenalarm in Tel Aviv.

Zum Film von Eretz Nehederet

Dieser schwarze Humor ist kein Zeichen dafür, dass die Menschen solche Bedrohungen nicht ernst nehmen würden. Im Gegenteil! Dennoch bietet schwarzer Humor ein Ventil, gerade bei angstinduzierenden Themen Frustration abzubauen und auf ein gutes Ende zu hoffen.

Privater Landausflug von Haifa oder Ashdod

Kreuzfahrttouristen sind eine ganz besondere Sorte von Menschen. Nicht jeder kann damit umgehen, jeden Tag in einem anderen Land aufzuwachen und den unterschiedlichsten Eindrücken und Erfahrungen ausgesetzt zu sein. Ein Besuch in Israel mit der Altstadt Jerusalems oder den christlichen Stätten rund um den See Genezareth ist für viele Besucher der Höhepunkt einer Kreuzfahrt durch das östliche Mittelmeer.

Doch leider ähneln viele der angebotenen Landausflüge großer Kreuzfahrtschiffe eher einer „Kaffeefahrt“ und geben den Besuchern wenig Zeit, die historisch und religiös so tiefgründigen Orte in Ruhe kennen zu lernen. In den vollgepackten Bussen ist es den Reiseleitern oft kaum möglich, sich auf die Interessen der einzelnen Touristen einzustellen.

Seit einiger Zeit biete ich deshalb private Tagesausflüge für Kreuzfahrttouristen an und habe in den letzten Tagen diesbezüglich auch meine Homepage überarbeitet.

Auf folgender Seite findet ihr eine Liste neuer Angebote, die ich Kreuzfahrttouristen in Form von privaten „Landausflügen“ anbiete. Über Feedback jeglicher Art (gerne auch in Form einer privaten Mail) würde ich mich freuen!

PS: Als Antwort für die zahlreichen Mails, die in den letzten Wochen erhalten habe: Ja, ja, ich weiß, der „reiseleiter-israel“- Blog ist in letzter Zeit etwas eingeschlafen 🙂 . Oktober und November war touristische Hauptsaison und es gab sehr viel zu tun. Doch nun, Ende November, komme ich endlich mal wieder zum Schreiben und werde – versprochen – auch wieder “bloggen”. Es ist ja auch einiges passiert hier in den letzten Wochen…

Wettbewerb „Vorurteil und Wirklichkeit: Wie ist der Staat Israel entstanden?“

Wettbewerb „Vorurteil und Wirklichkeit: Wie ist der Staat Israel entstanden?“

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Stuttgart und Mittlerer Neckar möchte Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg ermutigen, sich kritisch mit Vorurteilen gegenüber Israel auseinanderzusetzen. Dazu veranstaltet sie einen Schülerwettbewerb.
Schülerinnen und Schüler sind eingeladen, sich mit dem Thema „Vorurteil und Wirklichkeit: Wie ist der Staat Israel entstanden?“ zu beschäftigen. Sie können darüber einen Aufsatz schreiben, ein Video drehen, einen Song komponieren oder anders kreativ werden. Nicht nur individuelle, sondern auch gemeinsame Beiträge von Schülergruppen und Klassen werden angenommen. Ausdrücklich erwünscht ist, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Schülerinnen und Schüler bei einer Teilnahme unterstützen. Der oder die Gewinner erhalten ein Preisgeld von 300 Euro.
Zusätzlich zum Wettbewerb plant die DIG Stuttgart und Mittlerer Neckar gemeinsam mit der israelischen Botschaft im Februar Informationsveranstaltungen zur Gründung Israels an ausgewählten Schulen. Interessierte Schulen können sich per E-Mail bewerben:
baerbel.illi@t-online.de.

Weitere Informationen zum Wettbewerb finden Sie unter:
www.dig-stuttgart.net/?page_id=935
Einsendeschluss: 31. März 2013

Das Blog des ARD-Studios Tel Aviv

Das Blog des ARD-Studios Tel Aviv

Screenshot ardblog
Screenshot ardblog

Seit fast einem Jahr „bloggen“ die vier Korrespondenten aus dem ARD-Studio Tel Aviv täglich „von ihren persönlichen und politischen Alltags-Erlebnissen“ in Israel und Palästina. Die Idee ist, dem deutschen Zuschauer neben den immer wiederkehrenden politischen Analysen auch das Alltagsleben in Israel/ Palästina näher zu bringen.  Die vier Berichte über den besten Humus der Region gehen zwar vollkommen an der Realität vorbei (wer nun wirklich den besten Humus in Israel kennenlernen möchte, der sollte bei mir eine Tour buchen!), aber dafür erfährt man, wie israelische Künstler die Bäume auf dem Rothschildboulevard auf den milden Winter vorbereiten (mit heute immerhin +24 Crad in Tel Aviv) und wo es die beste Graffiti-Kunst in Tel Aviv zu entdecken gibt.

Die meisten Beiträge beschäftigen sich aber doch mit der aktuellen politischen Situation: Weit besser als die Videoblog-Beiträge, die über eine gewisse Oberflächlichkeit letztendlich nicht herauskommen, gefallen mir in letzter Zeit die geschriebenen Artikel von Richard Chaim Schneider, seit 2006 Leiter des ARD-Studios. Schneider gelingt es dabei, nicht nur die Beweggründe und Entscheidungen israelischer Politik verständlich zu machen und gleichzeitig kritisch zu hinterfragen. In seinen Analysen diskutiert er gerne auch den deutschen und europäischen Blick auf die Region und macht deutlich, dass auch deren Perspektive nicht „objektiv“, sondern Resultat europäischer Erfahrungen ist, die man aber nicht so einfach auf den Nahen Osten übertragen sollte. So auch in dem lesenswerten aktuellen Beitrag über Israels Reaktion auf das UN-Votum letzte Woche, Palästina den Status als Beobachterstaat („Non-member-state“) zuzuerkennen.

Schana Tova

Schana Tova

Kaum ein jüdischer Feiertag inspiriert so viele Werbefirmen und Videokünstler wie Rosh Hashana, das jüdische Neujahrsfest. Jedes Jahr tauchen eine Vielzahl kleiner Videofilme auf Youtube auf, in welchen den Zuschauern ein gutes neues Jahr gewünscht wird. Das Spektrum reicht dabei von kommerziellen Filmen, politischen, sehr religiösen bis hin zu säkularen und wissenschaftlichen Institutionen, die solche Filme in Auftrag geben.

An dieser Stelle wünsche auch ich allen Fans von reiseleiter-israel.de einen guten Rutsch in ein friedliches und fröhliches neue Jahr 5773

Anbei ein kleine Auswahl von neuen „Rosh Hashana“ Filmen. (Die Aussagen der Filme spiegeln nicht unbedingt die Meinung von reiseleiter-israel.de wieder :-))

1) Film des Technions – der Technischen Hochschule in Haifa

2) Filme von AISH – einer ultraorthodoxen Religionsschule in Jerusalem

http://www.youtube.com/watch?v=2gzpGCz6MJI
http://www.youtube.com/watch?v=T_M5-qthA8w&feature=related

3) Der Klassiker unter den Schana-Tova Filmen. Rosh Hashana gemäß den Muppets!!

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=mv0n13mN_0A&w=560&h=315]

4) Auch Politiker nutzen Rosh Hashana gerne, um ihre politisches Messages an die Masse zu bringen. Anbei eine Wahlwerbung der rechtskonservativen Partei „Israel-Beiteynu“

http://www.youtube.com/watch?v=WP6b61JZaBY

Ein Motiv, das bei vielen dieser Filme auftaucht, ist der Apfel. Traditionell isst man an Rosh Hashana Apfelstücke in Honig getunkt. Diese symbolisiert den Wunsch, dass das kommende Jahr ein möglichst süßes neues Jahr werden soll.

http://www.youtube.com/watch?v=hRpwMs9NPMA

Wer Lust bekommen hat, der darf dieses Jahr mitfeiern. Anbei noch eine Anleitung: „How to dip your apple in honey“

http://www.youtube.com/watch?v=29-4KKWcU_U

Israel veröffentlicht Protokolle zum Olympiaattentat 1972

Israel veröffentlicht Protokolle zum Olympiaattentat 1972

Heute, am 5. September 2012, jährt sich der 40. Jahrestag des Anschlages auf die israelische Olympiamannschaft 1972. Gegen 4.35 Uhr früh stürmten acht Mitglieder der palästinensischen Terrortruppe „Schwarzer September“ das Olympischen Dorf in München. Zwei israelische Sportler konnten flüchten, der Ringer Mosche Weinberg und der Gewichtheber Jossef Romano wurden erschossen. Insgesamt gelang es den Terroristen, neun israelische Sportler in ihre Gewalt zu bringen. Nach einem schlecht geplanten und völlig chaotischen Befreiungsversuch durch die deutschen Behörden wurden schließlich alle israelischen Sportler ermordet.

Anlässlich des Jahrestages veröffentlicht das Israel State Archives erstmals Protokolle, welche die Diskussionen zwischen den israelischen und den deutschen Behörden dokumentieren.

Aus den Dokumenten geht z.B. hervor, dass die israelische Regierung die deutsche Regierung dazu aufforderte, die Spiele zumindest solange auszusetzen, bis die israelischen Geiseln befreit seien. Die deutsche Regierung lehnte den Vorschlag mit dem Hinweis ab, dass dem deutschen Fernsehen keine alternativen Programme zur Verfügung ständen, da man sich vollkommen auf die Übertragung der Spiele eingestellt hätte.

Die überlebenden Terroristen wurden in Deutschland übrigens nie vor Gericht gestellt. Nach der Entführung einer Lufthansa Maschine wenige Wochen nach den Attentat in München entschied die deutsche Regierung, die inhaftierten Terroristen gegen die deutschen Geiseln auszutauschen. Während in Israel diese Entscheidung auf große Kritik stieß, verteidigte Willy Brandt die Entscheidung der Bundesregierung und betonte in einem Brief an die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir, dass die „Haltung der Bundesregierung kein Zurückweichen gegenüber dem Terrorismus“ bedeuten würden.

Eine ausführliche deutschsprachige Dokumentation der olympischen Tragödie mit zahlreichen kleinen Filmen, Bildern und Hörfunkreportagen findet sich übrigens auch unter:

http://www.olympia72.de/attentat1.html
http://www.olympia72.de/attentat2.html
http://www.olympia72.de/attentat3.html
http://www.olympia72.de/attentat4.html
http://www.olympia72.de/attentat5.html
http://www.olympia72.de/attentat6.html

Yad Vashem – Gedenken im Wandel

Yad Vashem – Gedenken im Wandel


Gedenkstätten erzählen von der Vergangenheit. Sie sind jedoch gleichzeitig auch ein Spiegel der Zeit und des Ortes, in denen sie entstanden sind. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat mich gebeten, einen Artikel über Yad Vashem zu schreiben. Die Idee war, Yad Vashem vorzustellen und einer deutschen Leserschaft einen Überblick über Ausstellungskonzeption, Quellensicherung und die pädagogische Arbeit der israelischen Holocaust-Gedenkstätte zu vermitteln. Diese Woche wurde der Artikel schließlich in der Wochenzeitschrift “Aus Politik und Zeitgeschichte” abgedruckt und ist nun auch online lesbar.

http://www.bpb.de/apuz/141896/yad-vashem-gedenken-im-wandel

Flüchtlinge in Israel

Flüchtlinge in Israel

Letzten Samstag fand in Tel Aviv zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit ein Brandanschlag  auf ein von afrikanischen Flüchtlingen bewohntes Haus in Süd-Tel-Aviv statt. Der Anschlag hat in Israel die Diskussion wieder neu aufleben lassen, wie das Land mit dem verstärkten Zustrom von afrikanischen Flüchtlingen umgehen soll. Hierzu möchte ich an dieser Stelle ein paar Hintergrundinformationen geben:

Die meisten Flüchtlinge erreichen das Land illegal über die Ägyptische Grenze. Etwa 35.000 Flüchtlinge aus dem Sudan, aus Eritrea und anderen afrikanischen Ländern befinden sich heute in Israel. Teilweise handelt es sich um Kriegsflüchtlinge, doch scheinen auch einige Wirtschaftsflüchtlinge unter ihnen zu sein. Insbesondere in Tel Aviv und Eilat gibt es mittlerweile Stadtteile, in welchen die afrikanischen Flüchtlinge das Straßenbild stark prägen. 

Vom 4.-6. März 2012 veranstaltete die Rosa Luxenburg Stiftung in Kooperation mit der Flüchtlingshilfsorganisation ASSAF ein Seminar mit dem Titel: „Staatliche Flüchtlingspolitik und Gegenstrategien“. Leider konnte ich an dem Seminar nicht teilnehmen, aber seit ein paar Tagen finden sich die wichtigsten Vorträge über Youtube online.  Besonders beeindruckend fand ich den Vortrag von Gavriel Tekle, welcher mit seiner Organisation die Flüchtlinge aus Eritrea vertritt:

In seinem Vortrag berichtet er von viel Unterstützung, und dass viele israelische Soldaten, Politiker, Journalisten und auch einfache Menschen den Flüchtlingen engagiert unter die Arme gegriffen hätten. Viele Menschen kämen regelmäßig in die sog. „Shelters“, um Lebensmittel oder Kleidung vorbeizubringen. Zwar gäbe es noch viele Herausforderungen zu bewältigen, aber alles in allem erscheint er sehr angetan von der Solidarität und der Wärme, mit der ihm viele Menschen in Israel begegnet sind. Die ereträische Flüchtlingsgemeinde – so Tekle weiter – versuche sich für diese Unterstützung zu bedanken, indem sie sich an sozialen Projekten beteilige. Aktuellstes Beispiel: Anläßlich des Pessachfestes hätten eriträische Freiwillige in Wohnungen von Holocaustüberlebenden „Frühjahrsputz“ erledigt. (Vgl. hierzu auch das Video des Aufheulens der Gedenksirene für den Holocaust im Levinsky-Park nahe des zentralen Busbahnhofs in Tel Aviv. In diesem Stadtteil leben viele der Flüchtlinge aus dem Sudan und Eritrea)

In einem weiteren Vortrag beschreibt Anat Ben Dor von der Refugee Rights Clinic of the Tel Aviv University die Entwicklung der israelischen Asylpolitik von 2002 bis heute. Israel sei auf einen Flüchtlingsstrom aus Afrika überhaupt nicht vorbereitet gewesen,  sei als Staat aber auch nie bereit gewesen, seine Tore für die Hilfsbedürftigen weit zu öffnen. Stattdessen könne man in den letzten Jahren die Entwicklung feststellen, dass der Staat versuche – ähnlich wie zuvor schon Europa – den Zustrom von Flüchtlingen möglichst zu unerbinden. Heute würden nur 0,2% aller Asylanträge in Israel positiv entschieden. Obwohl Ben Dor die aktuelle europäische Flüchtlingspolitik meiner Meinung nach stark idealisiert, ist ihr Beitrag durchaus sehenswert.

Zur Frage des Umgangs mit den – meist moslemischen – Asylanten ist die israelische Gesellschaft wieder geteilter Meinung. Während die Einen Israel in der Pflicht sehen, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen und insbesondere auf die Situation jüdischer Flüchtlinge zur Zeit des Holocausts verweisen, zeigen sich Andere – und hierzu gehören auch große Teile der jetzigen Regierungskoalition unnachgiebig und sprechen sich für möglichst schnelle Ausweisungen aus. Begründet wird diese mit den ohnehin schon zahlreichen Problemen und Herausforderungen, welche dieses doch sehr kleine Land zu bewältiugen habe. Teil des Planes, sich vor einem weiteren Zustrom afrikanischer Flüchtlinge zu schützen, liegt übrigens im Bau einer Mauer entlang der ägyptischen Grenze, die Ende 2012 fertiggestellt werden soll.

Entsprechend stößt der Versuch zahlreicher NGOs,  sich für die Rechte der Flüchtlinge starkzumachen,  nicht überall auf Wohlwollen. Es gab sogar den Versuch der jetzigen Regierung, die Finanzierung von NGOs, die sich für die Rechte dieser wie auch der arabischen Minorität im Land einsetzen, gesetzlich zu behindern. Allerdings scheinen diese Bestrebungen vorerst keinen Erfolg gehabt zu haben.