Vögel in Israel

Vögel in Israel

Israel ist für Vogelbeobachter seit langem ein sehr begehrter Reiseort. Geographisch bildet Israel eine Landbrücke zwischen den Kontinenten Europa, Afrika und Asien und so nutzen jährlich etwa 500 Millionen – 1 Milliarde Zugvögel Israel als Rastplatz auf ihrem Weg ins afrikanische Winterquartier und zurück. Vor ein paar Tagen lernte ich in Sde Boqer zufällig Thomas Krumenacker kennen, der als Fotograf regelmäßig nach Israel reist, um den Überflug der Vogelzüge zu dokumentieren. Auf seiner Webseite präsentiert er eine beeindruckende Auswahl seiner Aufnahmen, wobei er sich nicht nur auf Vögel beschränkt, sondern auch eine schöne Bildersammlung mit Landschaften und Menschen präsentiert. Eine wunderbare Seite, die einen Besuch wert ist.Bild

Arbeitsmigranten in Israel

ArbeitsmigrantInnen in Israel

Obwohl Israel seit der Staatsgründung ein Einwanderungsland ist, war das Thema Arbeitsmigration bis in die 90er Jahre hinein eine zu vernachlässigende Kategorie. Zwar gab es auch hier unterbezahlte Tätigkeiten, zum Beispiel in der Landwirtschaft wie auch im Baugewerbe. Diese wurden jedoch oft von Juden, die ursprünglich aus orientalischen Ländern stammten (sog. Mizrachim) oder nach 1967 von palästinensischen Arbeitern aus den besetzten Gebieten verrichtet. Diese pendelten täglich oder wöchentlich ins israelische Kernland. Nach dem ersten Golfkrieg 1991 und insbesondere nach dem Ausbruch der zweiten Intifada 2000 riegelte die israelische Armee aus Sicherheitsgründen das Westjordanland und den Gazastreifen immer häufiger ab, sodass Palästinenser als billige Arbeitskräfte nicht mehr in Betracht kamen. Aufgrund des neu entstandenen Arbeitskräftemangels wurden seit den 90er Jahren Arbeitsmigranten aus Übersee eingestellt. Für den Bausektor wurden insbesondere Arbeiter aus Rumänien, China und der Türkei angeworben, für den Pflegebereich sind heute vor alles Frauen aus den Philippinen, aus Nepal und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion tätig. Mittlerweile leben über 200.000 ArbeitsmigrantInnen in Israel – viele davon ohne legalen Aufenthaltstitel, da ihr Arbeitsvisa abgelaufen ist, sie eine Rückreise in die Heimat jedoch nicht antreten wollten. In einer rechtlich prekären Situation sind auch deren bereits in Israel geborene Kinder, die sich schon als Israelis verstehen und nicht in die Heimatländer ihrer Eltern zurückkehren möchten. Zur Frage des Umgangs mit solchen Migranten und insbesondere mit den hier geborenen Kindern wurde in Israel in den letzten Jahren eine sehr engagierte Debatte geführt. Die heutige Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat diese “Illegalen”.vor kurzem als einen „threat to the economy, society, security and demographic fabric on which the state of Israel is based“ bezeichnet. Eine Mehrheit der Regierungskoalition spricht sich heute für eine Abschiebung auch von Kindern aus, eine Forderung, die von Teilen der Oppositionsparteien scharf kritisiert wird. NGOs wie Kav Laoved, The Mesila Aid & Information Center der Stadtverwaltung Tel Aviv, die Hotline for Migrant Workers und die Physicians for Human Rights engagieren sich für die politischen Rechte wie auch medizinische Versorgung dieser Arbeitsmigranten. Kritisiert wird u.a., dass bereits die Anwerbung neuer Arbeitskräfte im Ausland durch private „Manpower“-Unternehmen unter menschenverachtenden Bedingungen geschieht. Auf den Internetseiten der erwähnten NGOs finden sich zahlreiche Informationen über die prekäre Situation, in welcher sich diese Menschen heute befinden. Ziel der oben genannten und vieler weiterer NGOs ist, den Arbeitsmigranten dabei zu helfen, ihre Interessen (wieder) eigenmächtig, selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Obwohl es viele Gruppen gibt, die sich politisch für diese Minderheiten engagieren, bin ich bei meiner Recherche nur auf sehr wenige pädagogische Programme gestoßen, die sich mit dem Abbau von Vorurteilen gegenüber ArbeitsmigrantInnen beschäftigen. Stattdessen versuchen alle diese Projekte, die Möglichkeit der Selbstbestimmung im Leben dieser Menschen oder Gemeinschaften zu erhöhen.

Holocaust-Gedenktag in Israel

Holocaust-Gedenktag in Israel

Diese Woche fand in Israel der Gedenktag für die Opfer des Holocaust – Yom Hashoa statt. Während in Deutschland am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar – Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee) für die meisten Menschen „Business as Usual“ bedeutet, spürt man in Israel, dass dieser Tag auch 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht an Bedeutung verloren hat. Bereits am Vorabend von Yom Hashoa schließen im ganzen Land die Kneipen, Cafés und Diskotheken ihre Pforten. Im Radio wird ausschließlich traurige und melancholische Musik gespielt und im Fernsehen reiht sich eine Holocaust Dokumentation an die nächste. Sogar viele Hotels schmücken ihre Lobbys mit kleinen Holocaust Mahnmalen und an den Hotelbars wird kein Alkohol ausgeschenkt.

Besonders beeindruckend ist jedes Jahr wieder das Aufheulen der Sirenen um 10 Uhr morgens. Menschen unterbrechen ihre Arbeit, mitten auf der Straße steigen Menschen aus ihren Autos und selbst im sonst so turbulenten Supermarkt wird es plötzlich ganz still. Schweigend legen die Menschen eine Trauerminute ein.

Diese Woche begleitete ich den Freundeskreis Yad Vashem – Österreich während einer Rundreise durch Israel. Während der gemeinsamen Teilnahme an den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten in Yad Vashem fiel mir mal wieder auf, wie sich der Umgang der Israelis mit dem Holocaust in den letzten Jahren verändert hat.

Betrachtet man israelische Holocaust-Denkmäler aus den 60er und 70er Jahren, so lässt es sich erkennen, dass der gewaltsame Widerstand gegen die Nazis im Zentrum der israelischen Erinnerungskultur stand. Widerstandskämpfer wie Mordechaj Anielewicz galten den jungen Israels als Vorbilder bei ihrem eigenen Überlebenskampf während der zahlreichen Kriege, die Israel gegen die scheinbar übermächtigen arabischen Armeen zu führen hatte.

Völlig anders gestaltete sich die diesjährige Gedenkzeremonie, welche unter dem Motto: „Der Einzelne und die Gemeinschaft. Jüdische Solidarität während des Holocaust.“ stand. Während die israelische Gesellschaft immer weiter auseinander driftet und die Aufsplitterung in Religiöse und Säkulare, Linke und Rechte, Arm und Reich etc. fast unüberwindbar erscheint, sehnen sich die Menschen nach einer größeren Solidarität zwischen den Menschen, wie sie es zur Zeit des Holocaust angeblich gegeben haben soll.

Besonders beeindruckend empfand ich zu Beginn der offiziellen Yad Vashem Zeremonie, wie Korporal Guy Peltz in Militäruniform auf Jiddisch ( 7,20 Minute) das Lied Papirosen sang

Vor der Gründung des Staates Israel wählte der Zionismus das Hebräische als Nationalsprache, wohingegen das Jiddische in Palästina geradezu verfemt wurde. Jiddisch stand für den „alten Juden“, den „schwachen Juden aus der Diaspora“, wohingegen das Hebräische den neuen, starken Juden repräsentierte. Die Verbindung: Israelischer Soldat + Militäruniform + Yiddisches Lied hätte ich für undenkbar gehalten und zeugt von einem gewissen Reifeprozess, den die israelische Gesellschaft bezüglich des Umgangs mit der eigenen Diaspora-Geschichte gemacht hat.

Außerdem: Sehr beeindruckend – wie immer – die Rede von Präsident Shimon Peres, die hier in deutscher Übersetzung nachgelesen werden kann.

Big Brother in Israel

Big Brother in Israel

Vor ein paar Tagen saß ich in einer Falafelbude und hinter mir entbrannte eine emotionale Diskussion zwischen zwei Männern: Es ging um einen Typen namens Saar, den die beiden übel beschimpften. Saar – so war man sich einig – sei ein „Linker der ganz üblen Sorte“, ein „Verräter“! Aber wie könne man ihn aus der Wohnung werfen, wenn ihn doch Araber und „die Linken aus Tel Aviv“ unterstützen würden? Erst nach und nach verstand ich, dass die beiden sich über die aktuelle Staffel von BIG BROTHER unterhielten, und dass es im Container anscheinend zu mehreren politischen Diskussionen gekommen war, welche halb Israel den Atem anhalten ließ. Zu Hause angekommen, fand ich im Internet schließlich die offizielle Zusammenfassung der Diskussionen, welche zu bester Sendezeit vom größten israelischen Fernsehsender ausgestrahlt wurde.
Heute bin ich auf dem Blog von Eran Vered auf eine englische Übersetzung dieser Zusammenfassung gestoßen.
Unabhängig davon, ob man mit Saars Positionen einverstanden ist oder nicht, zeigt der Beitrag, wie kontrovers man auch in Israel den palästinensisch-israelischen Konflikt diskutiert und wie diese Diskussion auch in den etablierten Medien ausgetragen wird. Weiter zeigt der Beitrag, wie stark politische Themen den Alltag der Menschen in diesem Land bestimmen. Während in der deutschen Version von BIG BROTHER der „Bewohner Klaus“ für Empörung sorgte, da er „seinen Po an dem Kopfkissen von Mitbewohnerin Lilly.“ rieb (vgl. Wikipedia), geht es in Israel um die Frage, wie die Existenz des Landes zukünftig gesichert werden könne.
Übrigens: Die Ausstrahlung der vierten Staffel endete bereits am 2. April. Saar Szekely konnte sich zwar nicht gegen alle seiner 20 Konkurrenten durchsetzen, gelangte jedoch trotz (oder wegen?) seiner politischen Ansichten immerhin auf Platz drei.

Alternative Sichtweise auf die “City of David”

Alternative Sichtweise auf die “City of David”

George Orwell brachte es in seinem berühmten Buch 1984 auf den Punkt:
“Who controls the past, controls the future: who controls the present, controls the past.”
Wo trifft dieses Zitat mehr zu als in Jerusalem – oder um es noch genauer zu sagen – in der Davidstadt, wo Geschichte und Gegenwart so eng beieinanderliegen.
„Davidstadt“ – auf Englisch “City of David” – ist der Name einer archäologischen Ausgrabungsstätte, welche sich südlich der heutigen Stadtmauern von Jerusalem befindet. Glaubt man der “Ir David Foundation”, befand sich hier der Palast von König David und somit die historische Keimzelle Jerusalems. Doch ob der historische König David (wenn es ihn denn überhaupt gegeben hat) wirklich hier gelebt hat, darf angezweifelt werden. Die „Ir David Foundation“, auch ELAD genannt, ist eine rechte politische Organisation, welche sich das Ziel gesetzt hat, die jüdische Präsenz im heute mehrheitlich von Arabern bewohnten Ostjerusalem zu verstärken. Um dieses Ziel zu erreichen kauft sie „undercover“ Häuser in Ostjerusalem, besiedelt diese und kreiert damit mehr und mehr jüdische Enklaven im arabischen Ostteil der Stadt. Ihr Ziel eines jüdischen Ost-Jerusalem begründet sie durch die zahlreichen – durchaus sehr beeindruckenden – Funde aus der Periode des 1. und des 2. Tempels – welche israelische Archäologen im Laufe der letzten Jahre mit finanzieller Unterstützung von ELAD zutage gebracht haben. Allerdings ist die Darstellung und Interpretation der Funde durch die „Ir David Foundation“ zweifellos sehr einseitig. Kritisiert wird insbesondere, dass Funde aus den muslimischen Epochen kaum rezipiert werden und Funde aus jüdischer Zeit ohne die übliche kritische Vorsicht vorschnell in einen biblischen Kontext gestellt werden. Eine alternative Lesart der Grabungen in der „Davidstadt“ bietet die Internetseite http://www.alt-arch.org/. Der Zusammenschluss israelischer Archäologen und Aktivisten kritisiert den politischen Missbrauch der Grabungen zur der Schaffung eines sehr nationalistischen Narrativs und zeigt weiter die negativen Auswirkungen der Grabungen für den arabischen Stadtteil Jerusalems „Silwan“ auf.

Methusalem in Keturah

Methusalem in Keturah

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Die letzten drei Tage verbrachte ich mit einer Gruppe in Keturah, einem Kibbutz unweit von Eilat. Keturah wurde 1973 von amerikanischen Jüdinnen und Juden gegründet, die sich als gute Zionisten das Ziel setzten, in der Wüste jüdische Ortschaften zu gründen und die Erde dort fruchtbar zu machen.
Der berühmteste Bewohner Keturahs ist allerdings „Methusalem“, eine 2005 gepflanzte Dattelpalme, deren Samen 2000 Jahre lang unter den Ruinen der von König Herodes ausgebauten Wüstenfestung Masada lag. Der israelischen Botanikerin Elaine Soloway gelang es, diesen uralten Dattelkern zum Keimen zu bringen und so wächst der Baum ganz unspektakulär hinter einem kleinen Zaun in unmittelbarer Nähe der touristischen Wohnanlage. Während meiner Führungen auf Massada erzähle ich oft, dass das Geschlecht der Palme noch nicht bekannt ist, dass jedoch nur weibliche Dattelpalmen Früchte tragen. Nur falls Methusalem weiblich sein sollte wäre also eine Nachzucht der historischen Dattel möglich. Und das wäre lohnenswert, denn die Datteln des „Heiligen Landes“ waren in der Antike als besonders süß bekannt und ihnen wurden viele heilbringende Kräfte zugeschrieben.
Gestern habe ich nun erfahren, dass das Geschlecht Methusalems feststeht: Methusalem ist… männlich und wir werden uns in naher Zukunft wohl doch mit den auch sehr leckeren Medjoul- Datteln begnügen müssen.

Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden aus Israel

Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden aus Israel

Vor ein paar Tagen veröffentlichte das israelische Außenministerium eine Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden der letzten 25 Jahre. Jährlich überwacht die israelische Archäologiebehörde rund 300 Grabungen und der englischsprachige Artikel gibt einen schönen Überblick über die Funde der letzten Jahre. Dass der Artikel und die mit diesem verlinkte Auflistung der wichtigsten Ausgrabungsorte nicht zwischen Kernisrael und den besetzten Gebieten unterscheidet, wird die wenigsten verwundern. Dennoch gibt die Seite eine spannende Übersicht, was es in diesem Land noch alles zu entdecken gibt.
http://www.mfa.gov.il/MFA/IsraelExperience/Greatest-archeological-finds-in-Israel-15-Mar-2012.htm

Willkommen

Herzlich Willkommen auf meinem Israel-Blog!

Wenn ich auf Israel blicke, sehe ich ein vielfältiges Mosaik verschiedener Kulturen und Menschen. Palästinenser und Israelis, Muslime, Christen und Juden, Orthodoxe, Säkulare, Neueinwanderer, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten – für mich ist Israel ein wahrer Schmelztiegel unterschiedlichster Lebensentwürfe. Ich bin immer wieder fasziniert von den Kontrasten, wie der pulsierenden Kulturszene von Tel Aviv, dem religiösen Pluralismus Jerusalems, dem Elvis-Fanatismus in Abu Gosh und den beeindruckenden Naturspektakeln im Norden und in der Wüste.

Als langjähriger Tourguide habe ich das Privileg, Gruppen durch dieses faszinierende Land zu führen, und mich damit auch selbst immer wieder auf neue Aspekte von Politik, Religion oder Geschichte einzulassen.

Auf meinem Blog nehme ich euch mit auf eine Reise jenseits der typischen Führungen: Ich berichte von meinen persönlichen Erlebnissen, teile Insidertipps für Ausflüge und Veranstaltungen, kommentiere aktuelle politische Geschehnisse und gebe Einblicke in spannende archäologische und historische Entdeckungen.

Ob ihr Israel schon besucht habt, es bald tun wollt oder einfach nur neugierig seid – dieser Blog ist für euch. Ich heiße besonders deutschsprachige Israelis willkommen und alle, die eine Verbindung zu diesem einzigartigen Land verspüren.

Schaut euch gerne meine neuesten Beiträge an und lasst euch inspirieren.

Euer Feedback und eure Kommentare sind mir sehr wichtig und ich freue mich über jeden Austausch mit euch!