Versuch einer Selbstverortung – Jüdische Studierendenverbände im Nachkriegsdeutschland

Im deutschsprachigen e-Newsletters von Yad Vashem veröffentlich die israelische Holocaust Gedenkstätte viermal im Jahr historische Hintergrundtexte und pädagogisches Material rund um das Thema Holocaust Education. In der aktuellen Ausgabe findet sich auch ein Artikel von mir über die Gründung und Entwicklung der jüdischen Studierendenverbänden im Deutschland der 50er und 60er Jahre.

Wer sich für den Artikel interessiert, kann ihn hier lesen.

Israel veröffentlicht Protokolle zum Olympiaattentat 1972

Israel veröffentlicht Protokolle zum Olympiaattentat 1972

Heute, am 5. September 2012, jährt sich der 40. Jahrestag des Anschlages auf die israelische Olympiamannschaft 1972. Gegen 4.35 Uhr früh stürmten acht Mitglieder der palästinensischen Terrortruppe „Schwarzer September“ das Olympischen Dorf in München. Zwei israelische Sportler konnten flüchten, der Ringer Mosche Weinberg und der Gewichtheber Jossef Romano wurden erschossen. Insgesamt gelang es den Terroristen, neun israelische Sportler in ihre Gewalt zu bringen. Nach einem schlecht geplanten und völlig chaotischen Befreiungsversuch durch die deutschen Behörden wurden schließlich alle israelischen Sportler ermordet.

Anlässlich des Jahrestages veröffentlicht das Israel State Archives erstmals Protokolle, welche die Diskussionen zwischen den israelischen und den deutschen Behörden dokumentieren.

Aus den Dokumenten geht z.B. hervor, dass die israelische Regierung die deutsche Regierung dazu aufforderte, die Spiele zumindest solange auszusetzen, bis die israelischen Geiseln befreit seien. Die deutsche Regierung lehnte den Vorschlag mit dem Hinweis ab, dass dem deutschen Fernsehen keine alternativen Programme zur Verfügung ständen, da man sich vollkommen auf die Übertragung der Spiele eingestellt hätte.

Die überlebenden Terroristen wurden in Deutschland übrigens nie vor Gericht gestellt. Nach der Entführung einer Lufthansa Maschine wenige Wochen nach den Attentat in München entschied die deutsche Regierung, die inhaftierten Terroristen gegen die deutschen Geiseln auszutauschen. Während in Israel diese Entscheidung auf große Kritik stieß, verteidigte Willy Brandt die Entscheidung der Bundesregierung und betonte in einem Brief an die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir, dass die „Haltung der Bundesregierung kein Zurückweichen gegenüber dem Terrorismus“ bedeuten würden.

Eine ausführliche deutschsprachige Dokumentation der olympischen Tragödie mit zahlreichen kleinen Filmen, Bildern und Hörfunkreportagen findet sich übrigens auch unter:

http://www.olympia72.de/attentat1.html
http://www.olympia72.de/attentat2.html
http://www.olympia72.de/attentat3.html
http://www.olympia72.de/attentat4.html
http://www.olympia72.de/attentat5.html
http://www.olympia72.de/attentat6.html

Yad Vashem – Gedenken im Wandel

Yad Vashem – Gedenken im Wandel


Gedenkstätten erzählen von der Vergangenheit. Sie sind jedoch gleichzeitig auch ein Spiegel der Zeit und des Ortes, in denen sie entstanden sind. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat mich gebeten, einen Artikel über Yad Vashem zu schreiben. Die Idee war, Yad Vashem vorzustellen und einer deutschen Leserschaft einen Überblick über Ausstellungskonzeption, Quellensicherung und die pädagogische Arbeit der israelischen Holocaust-Gedenkstätte zu vermitteln. Diese Woche wurde der Artikel schließlich in der Wochenzeitschrift “Aus Politik und Zeitgeschichte” abgedruckt und ist nun auch online lesbar.

http://www.bpb.de/apuz/141896/yad-vashem-gedenken-im-wandel

Holocaust-Gedenktag in Israel

Holocaust-Gedenktag in Israel

Diese Woche fand in Israel der Gedenktag für die Opfer des Holocaust – Yom Hashoa statt. Während in Deutschland am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar – Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee) für die meisten Menschen „Business as Usual“ bedeutet, spürt man in Israel, dass dieser Tag auch 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht an Bedeutung verloren hat. Bereits am Vorabend von Yom Hashoa schließen im ganzen Land die Kneipen, Cafés und Diskotheken ihre Pforten. Im Radio wird ausschließlich traurige und melancholische Musik gespielt und im Fernsehen reiht sich eine Holocaust Dokumentation an die nächste. Sogar viele Hotels schmücken ihre Lobbys mit kleinen Holocaust Mahnmalen und an den Hotelbars wird kein Alkohol ausgeschenkt.

Besonders beeindruckend ist jedes Jahr wieder das Aufheulen der Sirenen um 10 Uhr morgens. Menschen unterbrechen ihre Arbeit, mitten auf der Straße steigen Menschen aus ihren Autos und selbst im sonst so turbulenten Supermarkt wird es plötzlich ganz still. Schweigend legen die Menschen eine Trauerminute ein.

Diese Woche begleitete ich den Freundeskreis Yad Vashem – Österreich während einer Rundreise durch Israel. Während der gemeinsamen Teilnahme an den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten in Yad Vashem fiel mir mal wieder auf, wie sich der Umgang der Israelis mit dem Holocaust in den letzten Jahren verändert hat.

Betrachtet man israelische Holocaust-Denkmäler aus den 60er und 70er Jahren, so lässt es sich erkennen, dass der gewaltsame Widerstand gegen die Nazis im Zentrum der israelischen Erinnerungskultur stand. Widerstandskämpfer wie Mordechaj Anielewicz galten den jungen Israels als Vorbilder bei ihrem eigenen Überlebenskampf während der zahlreichen Kriege, die Israel gegen die scheinbar übermächtigen arabischen Armeen zu führen hatte.

Völlig anders gestaltete sich die diesjährige Gedenkzeremonie, welche unter dem Motto: „Der Einzelne und die Gemeinschaft. Jüdische Solidarität während des Holocaust.“ stand. Während die israelische Gesellschaft immer weiter auseinander driftet und die Aufsplitterung in Religiöse und Säkulare, Linke und Rechte, Arm und Reich etc. fast unüberwindbar erscheint, sehnen sich die Menschen nach einer größeren Solidarität zwischen den Menschen, wie sie es zur Zeit des Holocaust angeblich gegeben haben soll.

Besonders beeindruckend empfand ich zu Beginn der offiziellen Yad Vashem Zeremonie, wie Korporal Guy Peltz in Militäruniform auf Jiddisch ( 7,20 Minute) das Lied Papirosen sang

Vor der Gründung des Staates Israel wählte der Zionismus das Hebräische als Nationalsprache, wohingegen das Jiddische in Palästina geradezu verfemt wurde. Jiddisch stand für den „alten Juden“, den „schwachen Juden aus der Diaspora“, wohingegen das Hebräische den neuen, starken Juden repräsentierte. Die Verbindung: Israelischer Soldat + Militäruniform + Yiddisches Lied hätte ich für undenkbar gehalten und zeugt von einem gewissen Reifeprozess, den die israelische Gesellschaft bezüglich des Umgangs mit der eigenen Diaspora-Geschichte gemacht hat.

Außerdem: Sehr beeindruckend – wie immer – die Rede von Präsident Shimon Peres, die hier in deutscher Übersetzung nachgelesen werden kann.

Alternative Sichtweise auf die “City of David”

Alternative Sichtweise auf die “City of David”

George Orwell brachte es in seinem berühmten Buch 1984 auf den Punkt:
“Who controls the past, controls the future: who controls the present, controls the past.”
Wo trifft dieses Zitat mehr zu als in Jerusalem – oder um es noch genauer zu sagen – in der Davidstadt, wo Geschichte und Gegenwart so eng beieinanderliegen.
„Davidstadt“ – auf Englisch “City of David” – ist der Name einer archäologischen Ausgrabungsstätte, welche sich südlich der heutigen Stadtmauern von Jerusalem befindet. Glaubt man der “Ir David Foundation”, befand sich hier der Palast von König David und somit die historische Keimzelle Jerusalems. Doch ob der historische König David (wenn es ihn denn überhaupt gegeben hat) wirklich hier gelebt hat, darf angezweifelt werden. Die „Ir David Foundation“, auch ELAD genannt, ist eine rechte politische Organisation, welche sich das Ziel gesetzt hat, die jüdische Präsenz im heute mehrheitlich von Arabern bewohnten Ostjerusalem zu verstärken. Um dieses Ziel zu erreichen kauft sie „undercover“ Häuser in Ostjerusalem, besiedelt diese und kreiert damit mehr und mehr jüdische Enklaven im arabischen Ostteil der Stadt. Ihr Ziel eines jüdischen Ost-Jerusalem begründet sie durch die zahlreichen – durchaus sehr beeindruckenden – Funde aus der Periode des 1. und des 2. Tempels – welche israelische Archäologen im Laufe der letzten Jahre mit finanzieller Unterstützung von ELAD zutage gebracht haben. Allerdings ist die Darstellung und Interpretation der Funde durch die „Ir David Foundation“ zweifellos sehr einseitig. Kritisiert wird insbesondere, dass Funde aus den muslimischen Epochen kaum rezipiert werden und Funde aus jüdischer Zeit ohne die übliche kritische Vorsicht vorschnell in einen biblischen Kontext gestellt werden. Eine alternative Lesart der Grabungen in der „Davidstadt“ bietet die Internetseite http://www.alt-arch.org/. Der Zusammenschluss israelischer Archäologen und Aktivisten kritisiert den politischen Missbrauch der Grabungen zur der Schaffung eines sehr nationalistischen Narrativs und zeigt weiter die negativen Auswirkungen der Grabungen für den arabischen Stadtteil Jerusalems „Silwan“ auf.

Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden aus Israel

Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden aus Israel

Vor ein paar Tagen veröffentlichte das israelische Außenministerium eine Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden der letzten 25 Jahre. Jährlich überwacht die israelische Archäologiebehörde rund 300 Grabungen und der englischsprachige Artikel gibt einen schönen Überblick über die Funde der letzten Jahre. Dass der Artikel und die mit diesem verlinkte Auflistung der wichtigsten Ausgrabungsorte nicht zwischen Kernisrael und den besetzten Gebieten unterscheidet, wird die wenigsten verwundern. Dennoch gibt die Seite eine spannende Übersicht, was es in diesem Land noch alles zu entdecken gibt.
http://www.mfa.gov.il/MFA/IsraelExperience/Greatest-archeological-finds-in-Israel-15-Mar-2012.htm

Willkommen

Herzlich Willkommen auf meinem Israel-Blog!

Wenn ich auf Israel blicke, sehe ich ein vielfältiges Mosaik verschiedener Kulturen und Menschen. Palästinenser und Israelis, Muslime, Christen und Juden, Orthodoxe, Säkulare, Neueinwanderer, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten – für mich ist Israel ein wahrer Schmelztiegel unterschiedlichster Lebensentwürfe. Ich bin immer wieder fasziniert von den Kontrasten, wie der pulsierenden Kulturszene von Tel Aviv, dem religiösen Pluralismus Jerusalems, dem Elvis-Fanatismus in Abu Gosh und den beeindruckenden Naturspektakeln im Norden und in der Wüste.

Als langjähriger Tourguide habe ich das Privileg, Gruppen durch dieses faszinierende Land zu führen, und mich damit auch selbst immer wieder auf neue Aspekte von Politik, Religion oder Geschichte einzulassen.

Auf meinem Blog nehme ich euch mit auf eine Reise jenseits der typischen Führungen: Ich berichte von meinen persönlichen Erlebnissen, teile Insidertipps für Ausflüge und Veranstaltungen, kommentiere aktuelle politische Geschehnisse und gebe Einblicke in spannende archäologische und historische Entdeckungen.

Ob ihr Israel schon besucht habt, es bald tun wollt oder einfach nur neugierig seid – dieser Blog ist für euch. Ich heiße besonders deutschsprachige Israelis willkommen und alle, die eine Verbindung zu diesem einzigartigen Land verspüren.

Schaut euch gerne meine neuesten Beiträge an und lasst euch inspirieren.

Euer Feedback und eure Kommentare sind mir sehr wichtig und ich freue mich über jeden Austausch mit euch!