Big Brother in Israel

Big Brother in Israel

Vor ein paar Tagen saß ich in einer Falafelbude und hinter mir entbrannte eine emotionale Diskussion zwischen zwei Männern: Es ging um einen Typen namens Saar, den die beiden übel beschimpften. Saar – so war man sich einig – sei ein „Linker der ganz üblen Sorte“, ein „Verräter“! Aber wie könne man ihn aus der Wohnung werfen, wenn ihn doch Araber und „die Linken aus Tel Aviv“ unterstützen würden? Erst nach und nach verstand ich, dass die beiden sich über die aktuelle Staffel von BIG BROTHER unterhielten, und dass es im Container anscheinend zu mehreren politischen Diskussionen gekommen war, welche halb Israel den Atem anhalten ließ. Zu Hause angekommen, fand ich im Internet schließlich die offizielle Zusammenfassung der Diskussionen, welche zu bester Sendezeit vom größten israelischen Fernsehsender ausgestrahlt wurde.
Heute bin ich auf dem Blog von Eran Vered auf eine englische Übersetzung dieser Zusammenfassung gestoßen.
Unabhängig davon, ob man mit Saars Positionen einverstanden ist oder nicht, zeigt der Beitrag, wie kontrovers man auch in Israel den palästinensisch-israelischen Konflikt diskutiert und wie diese Diskussion auch in den etablierten Medien ausgetragen wird. Weiter zeigt der Beitrag, wie stark politische Themen den Alltag der Menschen in diesem Land bestimmen. Während in der deutschen Version von BIG BROTHER der „Bewohner Klaus“ für Empörung sorgte, da er „seinen Po an dem Kopfkissen von Mitbewohnerin Lilly.“ rieb (vgl. Wikipedia), geht es in Israel um die Frage, wie die Existenz des Landes zukünftig gesichert werden könne.
Übrigens: Die Ausstrahlung der vierten Staffel endete bereits am 2. April. Saar Szekely konnte sich zwar nicht gegen alle seiner 20 Konkurrenten durchsetzen, gelangte jedoch trotz (oder wegen?) seiner politischen Ansichten immerhin auf Platz drei.

Alternative Sichtweise auf die “City of David”

Alternative Sichtweise auf die “City of David”

George Orwell brachte es in seinem berühmten Buch 1984 auf den Punkt:
“Who controls the past, controls the future: who controls the present, controls the past.”
Wo trifft dieses Zitat mehr zu als in Jerusalem – oder um es noch genauer zu sagen – in der Davidstadt, wo Geschichte und Gegenwart so eng beieinanderliegen.
„Davidstadt“ – auf Englisch “City of David” – ist der Name einer archäologischen Ausgrabungsstätte, welche sich südlich der heutigen Stadtmauern von Jerusalem befindet. Glaubt man der “Ir David Foundation”, befand sich hier der Palast von König David und somit die historische Keimzelle Jerusalems. Doch ob der historische König David (wenn es ihn denn überhaupt gegeben hat) wirklich hier gelebt hat, darf angezweifelt werden. Die „Ir David Foundation“, auch ELAD genannt, ist eine rechte politische Organisation, welche sich das Ziel gesetzt hat, die jüdische Präsenz im heute mehrheitlich von Arabern bewohnten Ostjerusalem zu verstärken. Um dieses Ziel zu erreichen kauft sie „undercover“ Häuser in Ostjerusalem, besiedelt diese und kreiert damit mehr und mehr jüdische Enklaven im arabischen Ostteil der Stadt. Ihr Ziel eines jüdischen Ost-Jerusalem begründet sie durch die zahlreichen – durchaus sehr beeindruckenden – Funde aus der Periode des 1. und des 2. Tempels – welche israelische Archäologen im Laufe der letzten Jahre mit finanzieller Unterstützung von ELAD zutage gebracht haben. Allerdings ist die Darstellung und Interpretation der Funde durch die „Ir David Foundation“ zweifellos sehr einseitig. Kritisiert wird insbesondere, dass Funde aus den muslimischen Epochen kaum rezipiert werden und Funde aus jüdischer Zeit ohne die übliche kritische Vorsicht vorschnell in einen biblischen Kontext gestellt werden. Eine alternative Lesart der Grabungen in der „Davidstadt“ bietet die Internetseite http://www.alt-arch.org/. Der Zusammenschluss israelischer Archäologen und Aktivisten kritisiert den politischen Missbrauch der Grabungen zur der Schaffung eines sehr nationalistischen Narrativs und zeigt weiter die negativen Auswirkungen der Grabungen für den arabischen Stadtteil Jerusalems „Silwan“ auf.

Methusalem in Keturah

Methusalem in Keturah

Bild

Die letzten drei Tage verbrachte ich mit einer Gruppe in Keturah, einem Kibbutz unweit von Eilat. Keturah wurde 1973 von amerikanischen Jüdinnen und Juden gegründet, die sich als gute Zionisten das Ziel setzten, in der Wüste jüdische Ortschaften zu gründen und die Erde dort fruchtbar zu machen.
Der berühmteste Bewohner Keturahs ist allerdings „Methusalem“, eine 2005 gepflanzte Dattelpalme, deren Samen 2000 Jahre lang unter den Ruinen der von König Herodes ausgebauten Wüstenfestung Masada lag. Der israelischen Botanikerin Elaine Soloway gelang es, diesen uralten Dattelkern zum Keimen zu bringen und so wächst der Baum ganz unspektakulär hinter einem kleinen Zaun in unmittelbarer Nähe der touristischen Wohnanlage. Während meiner Führungen auf Massada erzähle ich oft, dass das Geschlecht der Palme noch nicht bekannt ist, dass jedoch nur weibliche Dattelpalmen Früchte tragen. Nur falls Methusalem weiblich sein sollte wäre also eine Nachzucht der historischen Dattel möglich. Und das wäre lohnenswert, denn die Datteln des „Heiligen Landes“ waren in der Antike als besonders süß bekannt und ihnen wurden viele heilbringende Kräfte zugeschrieben.
Gestern habe ich nun erfahren, dass das Geschlecht Methusalems feststeht: Methusalem ist… männlich und wir werden uns in naher Zukunft wohl doch mit den auch sehr leckeren Medjoul- Datteln begnügen müssen.

Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden aus Israel

Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden aus Israel

Vor ein paar Tagen veröffentlichte das israelische Außenministerium eine Liste mit den wichtigsten archäologischen Funden der letzten 25 Jahre. Jährlich überwacht die israelische Archäologiebehörde rund 300 Grabungen und der englischsprachige Artikel gibt einen schönen Überblick über die Funde der letzten Jahre. Dass der Artikel und die mit diesem verlinkte Auflistung der wichtigsten Ausgrabungsorte nicht zwischen Kernisrael und den besetzten Gebieten unterscheidet, wird die wenigsten verwundern. Dennoch gibt die Seite eine spannende Übersicht, was es in diesem Land noch alles zu entdecken gibt.
http://www.mfa.gov.il/MFA/IsraelExperience/Greatest-archeological-finds-in-Israel-15-Mar-2012.htm

Willkommen

Herzlich Willkommen auf meinem Israel-Blog!

Wenn ich auf Israel blicke, sehe ich ein vielfältiges Mosaik verschiedener Kulturen und Menschen. Palästinenser und Israelis, Muslime, Christen und Juden, Orthodoxe, Säkulare, Neueinwanderer, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten – für mich ist Israel ein wahrer Schmelztiegel unterschiedlichster Lebensentwürfe. Ich bin immer wieder fasziniert von den Kontrasten, wie der pulsierenden Kulturszene von Tel Aviv, dem religiösen Pluralismus Jerusalems, dem Elvis-Fanatismus in Abu Gosh und den beeindruckenden Naturspektakeln im Norden und in der Wüste.

Als langjähriger Tourguide habe ich das Privileg, Gruppen durch dieses faszinierende Land zu führen, und mich damit auch selbst immer wieder auf neue Aspekte von Politik, Religion oder Geschichte einzulassen.

Auf meinem Blog nehme ich euch mit auf eine Reise jenseits der typischen Führungen: Ich berichte von meinen persönlichen Erlebnissen, teile Insidertipps für Ausflüge und Veranstaltungen, kommentiere aktuelle politische Geschehnisse und gebe Einblicke in spannende archäologische und historische Entdeckungen.

Ob ihr Israel schon besucht habt, es bald tun wollt oder einfach nur neugierig seid – dieser Blog ist für euch. Ich heiße besonders deutschsprachige Israelis willkommen und alle, die eine Verbindung zu diesem einzigartigen Land verspüren.

Schaut euch gerne meine neuesten Beiträge an und lasst euch inspirieren.

Euer Feedback und eure Kommentare sind mir sehr wichtig und ich freue mich über jeden Austausch mit euch!